Inzest: Vom Peiniger angeleint

Weitere grausige Details kommen ans Licht. Das Opfer Elisabeth Fritzl lebte zehn Jahre lang in nur einem Kellerraum. Den Missbrauch erlebten die Kinder hautnah mit.

Amstetten/Wien. Im Fall des Inzest-Täters Josef Fritzl kommen immer mehr grausige Details ans Licht. Wie der Chef der niederösterreichischen Kriminalpolizei, Franz Polzer, gestern bestätigte, hat der heute 73-Jährige seine Tochter Elisabeth im August 1984 in den Keller seines Hauses gelockt und sie mit Handschellen an einen Pfosten des von ihm gebauten Verlieses gefesselt. Später hielt er die damals 18-Jährige monatelang an einer Leine, damit sie wenigstens auf die Toilette gehen konnte.

"Spiegel-Online" und österreichische Medien berichteten, dass Elisabeth Fritzl bis 1993, also fast zehn Jahre lang, im einzigen Kellerraum des Verlieses eingesperrt blieb, bis ihr Vater den Kerker erweiterte.

In der Zeit seien die nach den Vergewaltigungen durch den eigenen Vater geborenen zwei Kinder immer wieder Zeugen von dessen Gewalttaten geworden. Elisabeth, die jetzt mit ihren Kindern und ihrer Mutter (68) in einer Klinik psychologisch betreut wird, sagte bei ihrer einzigen Vernehmung aus, ihre Mutter habe von den Verbrechen nichts gewusst.

Offenbar gab es mehr Zeugen von den grausamen Vorgängen in Elisabeths Elternhaus als zunächst angenommen. Ein ehemaliger Mieter in dem Mehrfamilienhaus sagte dem österreichischen Fernsehsender ATV, Elisabeth sei vor ihrer Einkerkerung mit einer Freundin nach Wien geflüchtet, jedoch wieder zurückgebracht worden. Die Freundin habe ihm von den Vergewaltigungen berichtet. Demnach hätten die beiden Frauen damals aber der Polizei aus Angst vor Fritzl nichts gesagt.

Kripochef Polzer bedauerte unterdessen das Bekanntwerden der schrecklichen Details als "Indiskretionen", die aus den Befragungsprotokollen des Opfers stammten. Er befürchte jetzt weitere sogenannte "Enthüllungen" von Einzelheiten aus dem Leben der Opfer in Fritzls Verlies. Legal hätten nur das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft sowie der Anwalt des Beschuldigten Einsicht in die Protokolle gehabt.

Fritzl-Anwalt Mayer vertrat inzwischen die Ansicht, sein in Untersuchungshaft sitzender Mandant gehöre in psychiatrische Behandlung und nicht in ein Gefängnis. Mayer betonte, dass Fritzl den Inzest mit seiner Tochter Elisabeth zugegeben und außerdem gestanden habe, sie eingesperrt zu haben.

"Gegen den Vorwurf ,Mord durch Unterlassung’ werden wir uns allerdings wehren", sagte der Anwalt. Der Vorwurf besteht, weil eins der sieben eingesperrten Kinder kurz nach der Geburt gestorben sein soll. Josef Fritzl soll die Leiche des Babys anschließend in einem Heizkessel des Hauses verbrannt haben.

Der Gesundheitszustand der 19-jährigen Tochter des Inzest-Opfers Elisabeth hat sich nach Angaben des Landeskrankenhauses Amstetten mittlerweile "stabilisiert". Die junge Frau, die ihr gesamtes Leben mit ihrer Mutter in dem Verlies verbringen musste, liege aber nach wie vor auf der Intensivstation im künstlichen Koma, sagte ein Sprecher der Klinik.

Die 19-Jährige werde weiterhin künstlich beatmet. Kerstins lebensbedrohliche Erkrankung hatte vor einer Woche zur Befreiung ihrer Mutter und zweier Geschwister aus dem Verlies geführt.