Chemische Zwangsbehandlung für Pädophile in Polen

Sexualtrieb von Kinderschändern soll ausgeschaltet werden.

Warschau. Im Kampf gegen Kinderschänder setzt Polen auf schärfere Strafen und chemische Zwangsbehandlung. Die zweite Parlamentskammer, der Senat, billigte am Donnerstag mit großer Mehrheit eine deutliche Verschärfung der Strafen für Sexualverbrecher. Die umstrittene Änderung des Strafgesetzbuches hatte bereits vor knapp vier Wochen ohne großes Aufsehen das Abgeordnetenhaus passiert.

Justizminister Andrzej Czuma prahlte damals vor Journalisten, Polen gehöre zur Avantgarde jener Länder, die pädophiles Verhalten und Verbrechen gegen die Kinder nicht hinnehmen wollten. Nur einige US-Staaten hätten ähnlich radikale Vorschriften, sagte der Politiker stolz, der nach einer umstrittenen Äußerung in einem anderen Fall inzwischen sein Amt verloren hat.

Das vom Parlament geänderte Strafgesetzbuch zwingt die Richter, Kinderschänder und Inzestverbrecher nach Verbüßen ihrer Haftstrafe in die chemische Zwangsbehandlung zu schicken. Diese Maßnahme, von den Medien als "chemische Zwangskastration" bezeichnet, soll für Straftäter gelten, die Minderjährige unter 15 Jahren vergewaltigt haben oder ein Inzestverbrechen begangen haben.

Durch die Behandlung wird der Sexualtrieb nicht völlig zerstört, aber stark gedämpft. Bisher konnten die Richter selbst entscheiden, ob sie diesen Schritt anordnen wollten. Der Gesetzgeber erhöhte zudem die Strafen für schwere Sexualverbrechen. Den Tätern drohen nun drei bis 15 Jahre statt wie bisher zwei bis 12 Jahre Haft.

Ex-Gesundheitsminister Marek Balicki, der als einziger gegen den Entwurf stimmte, machte keinen Hehl aus seiner Empörung. "Die Medizin wird hier zu einem Strafmittel degradiert", sagte der linke Politiker. Er wundere sich, wie schnell Regierung und Parlament dem "populistischen Volkszorn" nachgegeben hätten. "Das ist gefährlich", meinte Balicki.

Diesen Volkszorn hatte Ministerpräsident Donald Tusk selbst angefacht. Im vergangenen September war ein Inzestfall aufgedeckt worden, der die polnische Öffentlichkeit empörte. Ein 45-Jähriger soll sechs Jahre lang seine Tochter missbraucht und zwei Kinder mit ihr gezeugt haben. Solche "Kreaturen" verdienten es nicht, als Menschen bezeichnet zu werden, sagte damals Tusk und gab die Marschrichtung für die Abgeordneten vor. Wie Umfragen zeigen, begrüßen zwei Drittel der Polen dieses Vorgehen gegen Pädophile.