Das Ende einer Mode-Legende
Das Imperium des Luxusschneiders Christian Lacroix zerfällt, seine Haute Couture ist Geschichte. Ein Ölscheich, der 100 Millionen Euro investieren wollte, ist abgesprungen.
Paris. Mit seinen farbenprächtigen und luxuriösen Entwürfen beherrschte Christian Lacroix (58) zwei Jahrzehnte lang die Pariser Laufstege. Er spielte in derselben Liga wie Jean-Paul Gaultier, Yves Saint-Laurent und Karl Lagerfeld. Nun steht der Modeschöpfer vor dem Absturz vom Mode-Olymp in die Bedeutungslosigkeit.
Die wohl allerletzte Hoffnung des Stardesigners, ein steinreicher Ölscheich vom Golf würde 100 Millionen Euro hinblättern und seine angeschlagene Firma übernehmen, ist endgültig dahin. Beim Pariser Handelsgericht wurde am Dienstag - trotz mehrfacher Fristverlängerung - erneut kein Übernahmeangebot vorgelegt.
Die Nachricht vom Frühjahr, dass der König der Luxus-Mode bankrott ist, war für die Mode-Hauptstadt der Schock des Jahres. Und spätestens im Oktober unübersehbar. Denn bei den letzten Prêt-à-Porter-Schauen glänzte der Meister zum ersten Mal seit 22 Jahren durch Abwesenheit.
Dass das Luxus-Modehaus seit langem an einem chronischen Defizit litt, war in der Branche kein Geheimnis. Bei einem Umsatz von 30 Millionen Euro wurden im vergangenen Jahr angeblich Verluste von zehn Millionen Euro geschrieben, in diesem Jahr soll Lacroix noch tiefer in die roten Zahlen gerutscht sein.
Seine Insolvenz ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Wirtschaftskrise nicht nur die Existenzen von Millionen Kleinverdienern bedroht, sondern auch den in Luxus schwelgenden Geldadel erwischt hat. Denn insbesondere die modebewussten Reichen aus Amerika und den Golfstaaten, die seit jeher zu Lacroix’ Stammkundschaft zählen und ein Faible für seine zigtausend Euro teuren Kreationen haben, üben sich in ungewohnter Kaufzurückhaltung.
Als nicht minder fatal erweist sich Lacroix’ offenbar wenig ausgeprägter Sinn fürs Geschäftliche. Als er 1987 seine erste eigene Exklusiv-Kollektion auf den Markt brachte, hielt der Luxuskonzern LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy) noch seine schützende Hand über den Kreativen.
Das Lacroix-Imperium verkauft nicht nur Haute Couture, sondern auch Kinderkleidung, Accessoires, Parfüm, Tischwäsche und Geschirr. Berühmt sind ferner seine prachtvollen Hochzeitskleider. Lacroix schuf zuletzt auch die Uniformen des Air-France-Personals und verschönerte die Inneneinrichtung des TGV.
Über 15 Jahre hielt die exklusive Liaison mit LVMH, doch offenbar bewegten sich Christian Lacroix’ Bilanzen stets im Minus. Der Zeitung "Libération" zufolge soll das Haus Lacroix seit 1987 einen gigantischen Verlust von 150Millionen Euro angehäuft haben. 2005 schließlich verkaufte LVMH das hoch defizitäre Unternehmen an die Gebrüder Falic, die führend in der Duty-Free-Branche sind. Doch auch mit ihnen machte der Nobelschneider keinen günstigen Schnitt.
Seit der Insolvenz in diesem Frühjahr suchen die Falic-Brüder verzweifelt nach einem solventen Übernahmepartner. Zwischenzeitlich sah es so aus, als käme die wundersame Rettung aus dem Morgenland. Ein Ölscheich aus den Vereinigten Arabischen Emiraten erklärte sich bereit, 100 Millionen Euro für das Haus Lacroix hinzublättern. Auch die Unternehmensgruppe Bernard Krief Consulting machte sich große Hoffnung, den Haute-Couture-Bereich mit 100 von 125 Beschäftigten übernehmen zu können.
Mittlerweile sind sämtliche Übernahme-Träume zerplatzt. Für die Lacroix-Belegschaft sieht es zappenduster aus. Der am Dienstag vom Pariser Handelsgericht akzeptierte Sanierungsplan sieht vor, dass 100 Mitarbeiter entlassen und die Sparten Haute Couture und Prêt-à-Porter ganz eingestellt werden. Der Meister scheint bereits seit längerem eine düstere Vorahnung gehabt zu haben: "Die Couture ist verrückt, widersprüchlich, unvorhersehbar - und vor allem stärker als ich."