New York. "Mr. Lennon?" sind die letzten Worte, die der Ex-Beatle hört. "Ich bin getroffen", die letzten, die er sagt. John Lennon war vielleicht nicht "berühmter als Jesus", aber er hat eine ganze Generation geprägt.
Vor 30 Jahren, am 8. Dezember 1980, wurde er erschossen. Auf dem letzten Bild von John Lennon ist neben ihm der Mörder zu sehen. Mit einem schüchternen Lächeln auf den Lippen und niedergeschlagenen Augen verfolgt er, wie der Ex-Beatle ihm eine Platte signiert.
Ein paar Stunden später sehen sich die Männer wieder, dann zieht Mark David Chapman einen Revolver und schießt dem Star fünfmal in den Rücken. "Weißt Du, was Du getan hast?", brüllt ein Portier. Der Mörder antwortet gelassen: "Ich habe gerade John Lennon erschossen."
Lennon war gerade 40 und die Kultfigur für eine ganze Generation. Erst war es seine Musik, die Menschen auf der ganzen Welt begeisterte. Dann waren es seine Ansichten, seine Kunst, seine Happenings, die Millionen faszinierten, verwirrten, abstießen, polarisierten. Auch Chapman.
Der Texaner war besessen von Lennon. Er heiratete sogar eine japanische Frau, weil Lennon mit Yoko Ono eine Japanerin geheiratet hatte. Irgendwann schlug die Verehrung in Wut um. Der Engländer sei Schuld an seinen Geisteszuständen, glaubte Chapman. Als der religiöse Fanatiker hörte, dass Lennon die Beatles als "berühmter als Jesus" bezeichnet hatte, wurde die Wut zum Hass.
Lennon lebte zu der Zeit in den USA. New York war zu seiner Heimat geworden, vom teuren Appartement auf der West Side blickte er auf den geliebten Central Park. Doch der erfolgreiche Ex-Beatle war zum Getriebenen geworden: von der Plattenindustrie, der Einwanderungsbehörde, den Fans, den Medien - und vor allem getrieben von sich selbst. Nach Alkohol und Drogen kam die Trennung von Ono, dann die Versöhnung und 1975 Sohn Sean. Das Kind wurde Lennons Lebensinhalt. Aus der Öffentlichkeit war er fast verschwunden.
Chapmans Wahn bleibt ungebrochen. Er unterschreibt seinen Urlaubsschein noch mit "John Lennon", dann fliegt er nach New York. Im Hotelzimmer baut er sich einen Altar und setzt hinter das Johannes-Evangelium, im Englischen schlicht "John", das Wort "Lennon". Mit einer Ausgabe von J. D. Salingers "Der Fänger im Roggen", dessen entwurzelter Held sein Vorbild wurde, wartet er vor dem "Dakota".
Als Lennon ihm vor dem Appartementhaus eine Platte signiert, fragt der Star freundlich: "Kann ich sonst etwas für Dich tun?". Das sollte der Teufel sein? Überrascht von der Freundlichkeit lässt Chapman die 38er stecken. Doch er hat den Revolver dabei, als Lennon zurückkommt. Der Engländer steigt aus der Limousine. Chapman feuert fünfmal.
Dass Stars nicht einfach im Bett sterben, hatte Lennon vorausgesehen: "Entweder es erwischt uns bei einem Flugzeugabsturz", hatte er schon 1965 gesagt, "oder ein Irrer knallt uns ab".