Die lustige Seite der Integration: Interview mit Schauspieler Hannes Jaenicke
Hannes Jaenicke sieht in seinem neuen Film „Allein unter Nachbarn“ einen Gegenentwurf zu Thilo Sarrazin.
Berlin. Kaum ein deutscher Schauspieler setzt sich neben seinem Beruf so sehr für die Umwelt ein, wie Hannes Jaenicke (52). In der Komödie „Allein unter Nachbarn“ kämpft er als vierfacher Familienvater Harald Westphal aber an einer ganz anderen Front.
Herr Jaenicke, im vierten Teil der losen Reihe „Allein unter . . .“ verschlägt es Sie von Berlin-Wannsee nach Neukölln. Wie kam es dazu?
Hannes Jaenicke: Nach der Geburt der beiden Babys braucht die Familie Westphal dringend ein größeres Zuhause. Das Haus, in dem wir drei Filme lang „gewohnt“ haben, ist inzwischen verkauft. So entstand die Idee, in ein so genanntes Migrantenviertel zu ziehen.
Das klingt nicht nach Stoff für eine leichte Komödie . . .
Jaenicke: Genau das ist es aber. Wir erzählen etwas Ernstes in Form einer Comedy. Und dank eines genialen Drehbuchs und bewusster Gegensätze ist das wirklich komisch.
Was erwartet die Zuschauer in dem neuen Film?
Jaenicke: Ich nenne den vierten Teil unserer Reihe immer: „Allein unter Kopftüchern“. Wir haben einen höchst unterhaltsamen Gegenentwurf zu Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“ gedreht. Und darauf bin ich stolz!
Der Film spielt mit Stereotypen. Was ist Ihrer Ansicht nach „typisch deutsch“?
Jaenicke: Typisch deutsch hat mich, ehrlich gesagt, noch nie wirklich interessiert. Aber im Positiven betrachtet sind vielleicht Zuverlässigkeit, Fleiß und Pünktlichkeit typisch deutsch. Und im Negativen wohl Neid, Missgunst und Humorlosigkeit. Das ist das Schlimmste. Dass wir Mario Barth, Oliver Pocher, Cindy, Joko und Klaas tatsächlich als Komiker verstehen, da krieg ich ‘ne Depression.
Auch nicht zum Lachen fanden viele das aktuelle Buch von Berlins Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky „Neukölln ist überall“. Darin behauptet er, Multi-Kulti sei gescheitert. Stimmt das?
Jaenicke: Ich kenne Buschkowsky und halte ihn für einen beeindruckenden Mann. So pauschal meint er das sicher nicht. Der Mann weiß, wovon er redet. Im Gegensatz zu dem meisten Politikern.
Und wenn Sie selbst Politiker wären . . .
Jaenicke: Um Gottes Willen! Aber wenn ich wirklich in der Lage wäre, etwas zu ändern, würde ich zum Beispiel Nachhaltigkeit ins Grundgesetz schreiben und Umweltschutz als Schulfach ab der ersten Klasse einführen.
Sie sind seit Jahren im Umweltschutz aktiv. In Ihrem Buch „Wut allein reicht nicht“ zeigen Sie, „wie wir die Erde vor uns schützen können“. Was ist der erste Schritt?
Jaenicke: Da gibt es viele. Zu einem Ökostrom-Anbieter wechseln, Heizung runterdrehen, unnötige Lampen aus, Wäscheständer statt Wäschetrockner. . .
Und was gibt es hierzulande noch zu tun?
Jaenicke: Viel. Zum Beispiel werden in Deutschland jeden Tag 150 Hektar Naturfläche vernichtet. Durch Gewerbeparks, Industrie, extensive Agrarwirtschaft. Das sind 300 Fußballfelder pro Tag!
Wann erscheint Ihr nächstes Buch?
Jaenicke: Voraussichtlich im Frühjahr 2013. Es trägt den Arbeitstitel: „Die große Volksverarsche — ein Konsumenten-Navi“: Es geht darum, wie der Konsument aus Profitgründen von Industrie und Werbung für dumm verkauft wird.
Liegt das nicht auch in der Hand des Konsumenten selbst, sich nicht für dumm verkaufen zu lassen?
Jaenicke: Um sich schlau zu machen, braucht man wahnsinnig viel Zeit, und die haben heute die wenigsten Menschen. Wenn ein Produkt mit „light“ oder „gesund“ verkauft wird, dann sollte man sich auf den Wahrheitsgehalt verlassen dürfen. Stattdessen wird schamlos gelogen.
Können Sie heute überhaupt noch mit Genuss essen?
Jaenicke: Oh ja. Ich bin ein begeisterter Esser. Ich gehe halt nicht zu McDonalds und kaufe keine Nestlé-Produkte.