„Ekel-Fotos bleiben im Kopf“
Eine Spezialabteilung des Landeskriminalamtes wertet Fotos und Filme aus, um Opfern helfen zu können.
Düsseldorf. Tatort Internet: Seit Ende der 90er Jahre nehmen strafbarer Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie im Netz rasant zu. So stark, dass die Ermittlungsbehörden oft kaum noch nachkommen. "Die Internet-Bandbreiten werden größer, die Datenmengen werden größer, und auch die Festplatten werden größer", sagt Horst Treffehn (51).
Was der Leiter der "Zentralen Auswertungs- und Sammelstelle Kinderpornografie" beim NRW-Landeskriminalamt nicht sagt: Mit der Datenflut steigt naturgemäß auch die Arbeitsbelastung seiner Abteilung. Dort nämlich befassen sich sieben Polizistinnen und Polizisten sowie drei Verwaltungsmitarbeiter tagtäglich mit den tiefsten Abgründen der menschlichen Psyche.
Ihre Aufgabe: Bei Ermittlungsverfahren in NRW sichergestellte Daten, Filme und Fotos mit kinderpornografischem Inhalt zu sichten, zu analysieren und mögliche Zusammenhänge zwischen den einzelnen Fällen herauszufinden. "Unsere Auswerte-Computer und auch die benötigte Software werden ständig auf dem neuesten Stand gehalten. Das erleichtert uns natürlich die Arbeit", sagt Treffehn, der die Abteilung seit 1991 leitet.
Dennoch ist es kein einfacher und schon gar kein angenehmer Job: Denn dabei flimmern täglich ekelerregende Fotos und Filme über die Computerbildschirme, wenn die Experten mit Hilfe der Bildanalyse-Programme nach Identifizierungsmerkmalen von Opfern, Tätern oder Örtlichkeiten suchen. Treffehn: "Man muss schon eine große professionelle Distanz aufbauen können, um die tägliche Konfrontation mit diesem ekelerregenden Schmutz bestehen zu können."
Das Spektrum reicht dabei von unschuldigen kleinen Mädchen, die dabei gefilmt wurden, wie sie am Strand ihren Badeanzug ausziehen, bis hin zu professionell gefilmten Penetrationen gefesselter Kinder und gar von Babys. "Solche Ekel-Bilder bleiben lange im Kopf", sagt Treffehn. "Das lässt sich bei aller professionellen Distanz nicht vermeiden."
Bei der Arbeit im LKA ist es deshalb gar nicht selten, dass jemand aus dem Team plötzlich aufsteht, in der Kantine ein paar Tassen Kaffee trinken geht oder an der frischen Luft eine Runde um den Block dreht.
Und manchmal müssen die Frauen und Männer, die sich alle freiwillig zu ihrer Arbeit gemeldet haben und dafür im Schnitt monatlich knapp 2.000 Euro netto bekommen, sogar "eine zeitlang ganz weg vom Bild" - Statistiken erstellen, Verwaltungsschriftverkehr führen, notfalls auch Akten sortieren. Hauptsache, erst einmal keine geschundenen kleinen Leiber mehr ansehen müssen.
Ziel der Arbeit der LKA-Experten: Zusammenhänge erkennen zwischen Fotos und Filmen, Hinweise sehen, die eine Lokalisierung der Tatorte oder sogar eine Identifizierung der Opfer ermöglichen. Ein solcher Hinweis kann beispielsweise eine Zeitung oder ein Bild sein, die kurz am Bildrand zu erkennen sind, oder andere Besonderheiten aus dem Bildumfeld der gezeigten Personen.
Treffehn: "Das ist letztlich unsere größte persönliche Motivation für diese Arbeit - die Chance zu bekommen, eines dieser Opfer aus seiner Missbrauchsituation befreien zu können."