Entführte Touristen: „Wir dachten, das Ende ist nah“
Die fünf deutschen Wüstenurlauber sind wohlbehalten zurückgekehrt. Italienische Opfer berichten von Hunger und Hitze.
Berlin. Es war eine Odyssee, die gestern auf dem Berliner Flughafen Tegel zu Ende ging. Nach zehntägiger Entführung landeten die fünf deutschen Wüstenurlauber wohlbehalten in der Bundeshauptstadt. Das war allerdings die einzige Information, die das Auswärtige Amt der Öffentlichkeit preisgab. Die Behörde schirmte die Entführungsopfer danach zunächst ab.
Mitteilungsfreudiger waren die fünf italienischen Urlauber, die am 19. September mit den Deutschen und einer Rumänin sowie acht ägyptischen Begleitern auf einer Sahara-Tour im ägyptischen Grenzgebiet zum Sudan und zum Tschad gekidnappt worden waren.
"Sehr hart" sei es gewesen. "Es gab einen Punkt, da dachten wir, das wäre das Ende für uns", schilderten sie Reportern nach der Landung in ihrer Heimatstadt Turin. Wasser und Lebensmittel seien stets rationiert gewesen, zudem hätten die Temperaturen tagsüber bei rund 60 Grad gelegen.
Sudanesische Kidnapper hatten sie nach Angaben aus Khartum erst in den Sudan, dann nach Libyen und in den Tschad verschleppt. Eine 52-jährige Italienerin sagte: "Die Entführer haben uns nie geschlagen, aber mit uns Frauen waren sie sehr streng. Wir mussten die ganze Zeit unser Gesicht bedecken und den Blick in Richtung Boden gesenkt halten."
Die schlimmsten Momente hätten die Geiseln am vergangenen Samstag und Sonntag durchlebt. Eine 70-Jährige Italienerin sagte: "Es kamen keine neuen Nachrichten und da wussten wir, dass die Verhandlungen ins Stocken geraten waren. Diese Erfahrungwünsche ich niemandem."
Am Ende ist die Reisegruppe nach Aussage eines deutschen Teilnehmers nicht von Geheimdiensten befreit, sondern von den Geiselnehmern freigelassen worden. Der 65-jährige Bernd L., ein pensionierter Lehrer aus Berlin, sagte dem "Spiegel", die sudanesische Armee habe die Entführter angegriffen und sechs von ihnen getötet.
Daraufhin hätten die Freischärler alle 19 Geiseln freigelassen: "Das war eine große Überraschung für uns, weil wir dachten, jetzt bringen sie uns um." Die Geiselnehmer seien insgesamt "halbwegs nette Kriminelle gewesen, die nur an Lösegeld interessiert gewesen seien".
Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes soll aber aber eine "robuste Lösung" der Entführung vorbereitet haben. Für den Einsatz mit dem internen Namen "Desert Fox" (Wüstenfuchs) wurden laut "Bild" 150 schwer bewaffnete Einsatzkräfte der GSG9 sowie 14 Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks ins südägyptische Shark-el-Uweimat geflogen. Zudem wurden drei Polizeihubschrauber, zwölf geländetaugliche Einsatzfahrzeuge sowie große Mengen an Munition und Kerosin dorthin transportiert.
Die enorme Präsenz der Sicherheitskräfte vor Ort soll künftige Entführer abschrecken. Auch deshalb nahmen die 150GSG9-Soldaten gestern nach den Geiseln an der Maschine Aufstellung.