Essen: "Leber-Papst" Broelsch bestreitet Betrugsvorwürfe

Essen. Im Prozess um einen der größten Medizin-Skandale der vergangenenJahre hat der weltweit renommierte Transplantations- Chirurg Prof.Christoph Broelsch sämtliche Betrugs- und Korruptionsvorwürfebestritten.

„Die Anklage ist diskreditierend und rufschädigend“, sagteder suspendierte Chefarzt des Essener Universitätsklinikums am Montagvor Gericht.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 65-Jährigen unter anderemvor, zwischen 2002 und 2007 fast 40 Kassenpatienten dazu gedrängt zuhaben, „Zusatzhonorare“ zu zahlen, um frühzeitiger und vor allem durchden Chefarzt selbst behandelt zu werden. Die insgesamt rund 200 000Euro seien als Spenden deklariert worden.

Die ersten Vorwürfe gegen den Leibarzt des früheren BundespräsidentenJohannes Rau waren im Frühjahr 2007 erhoben worden. Anschließend hattensich immer mehr Ex-Patienten bei der Staatsanwaltschaft gemeldet undvon ihren Erfahrungen mit dem Chefarzt berichtet. Laut Anklage sollBroelsch den Patienten erklärt haben, er behandele „erst Reiche, dannPolitiker, dann Privatpatienten und erst danach Kassenpatienten“.

Denanschließenden Hinweis auf die Möglichkeit, der Uniklinik eine Spendefür Wissenschaft und Forschung zukommen lassen zu können, hätten diezum Teil todkranken Krebspatienten als Druckmittel auffassen müssen,glaubt die Staatsanwaltschaft.

Die umstrittene Spenden-Praxis bewertet die Anklagebehörde alsbesonders schweren Betrug und Bestechlichkeit. In einer zweiten Anklagewirft sie dem 65-Jährigen außerdem Steuerhinterziehung undAbrechnungsbetrug vor. Broelsch soll die Eingänge auf einem bei derUniklinik auf seinen Namen geführten Konto jahrelang nicht bei derEinkommenssteuererklärung angegeben haben.

Den Steuerschaden beziffertdie Anklage auf rund 300 000 Euro. Darüber hinaus soll der Professorauch mindestens 20 Privatpatienten beziehungsweise deren Versicherungenbetrogen haben, indem er in ihren Fällen seine persönlichen - höheren -Honorarsätze in Rechnung stellte, die Operationen dann aber nichtselbst durchführte.

Zu Prozessbeginn setzte sich der Mediziner entschieden gegen dieAnschuldigungen zur Wehr. „Ich habe in keinem Fall Patienten zuGeldspenden gedrängt oder gar erpresst. Diesen Vorwurf empfinde ich alsZumutung. Ich habe auch nie Patienten weggeschickt, die nicht bereitwaren, zu spenden“, sagte Broelsch. „Eine Spende war kein Eintrittsgeldfür eine bevorzugte Behandlung.“

Das Essener Landgericht hat für den Prozess zunächst noch 21 Verhandlungstage bis zum 23. Dezember angesetzt.