Fall Madeleine: „Sie wollten, dass ich lüge“
Kate McCann wirft den Ermittlern vor, sie unter Druck gesetzt zu haben.
London. Kate und Gerry McCann sind Sonntag von der Algarve zurück nach England geflogen. Die Eltern des verschwundenen britischen Mädchens sprechen von einem "Albtraum, der immer schlimmer wird". In den nächsten Tagen soll geprüft werden, ob gegen die beiden 39-Jährigen Anklage erhoben wird. Seit Freitag gelten sie offiziell als Verdächtige.
In einem Interview mit dem "Sunday Mirror" beschuldigte die Mutter die Ermittler, sie unter Druck gesetzt zu haben. "Sie wollten, dass ich lüge", sagte Kate McCann, "sie wollten mich reinlegen." Die Polizei fürchte die öffentliche Aufmerksamkeit, weil Portugal keine Gesetze gegen Kinderschänder habe, so die Mutter. "Deshalb beschuldigen sie uns."
Die BBC berichtete, die Polizei habe Kate McCann einen Handel angeboten: Wenn sie gestehe, ihre Tochter aus Versehen mit Beruhigungsmitteln getötet zu haben, solle sie mit zwei Jahren Haft davonkommen. Der Bruder des Vaters sagte, dass das Paar bislang mit "keinen harten Beweisen" konfrontiert worden sei.
Am heutigen Montag läuft der Vertrag der Eltern für ihr Appartement in Praia da Luz aus, Sonntag hätten sie ohnehin nach Leicestershire zurückkehren wollen. Angesichts der jüngsten Verdächtigungen hatten sich die McCanns allerdings überlegt, doch in Portugal zu bleiben, um "ihre Ehre wieder herzustellen". Gestern morgen sperrte die Polizei ihnen aber schließlich eine Gasse ab, so dass sie mit ihren Zwillingskindern ungehindert zum Flughafen fahren konnten. Die McCanns haben keine Auflagen hinsichtlich ihres Aufenthaltsortes bekommen und wollen nach Portugal zurückkehren, wenn sie für Aussagen benötigt werden.
Blutspuren Laut dem untersuchenden DNA-Labor in Birmingham handelt es sich bei den im Mietwagen gefundenen Spuren gar nicht um Blut. Zudem seien die von der portugiesischen Polizei genommenen DNA-Spuren in so schlechtem Zustand, dass sie nicht eindeutig zugeordnet werden können. Selbst eine Geschlechtsbestimmung ist laut Labor nicht möglich. Britische Ermittler gehen weiter von einer Entführung aus.
Leichengeruch Den portugiesischen Ermittlern wurde wiederholt Schlamperei vorgeworfen. Laut Medien wurde das Zimmer von Maddie erst Wochen nach ihrem Verschwinden genau untersucht. Die Leichenspürhunde wurden drei Monate später eingesetzt. Leichengeruch in Kleidern halte sich etwa vier Wochen.
Sehr fundiert kann der Verdacht der portugiesischen Ermittler noch nicht sein, wenn Madeleines Eltern nun der Heimflug nach England gestattet wurde. Ohnehin kommt der Eindruck auf, dass viele der angeblichen Belastungsmaterialien wenig mit gesicherten Fakten zu tun haben. Und zu den Fakten gehört, dass bis heute kein einziger Beweis gegen die Eltern Madeleines von der Polizei bestätigt wurde. Portugals Justiz muss sich fragen lassen, ob es statthaft ist, Gerüchte über Tat und Täter so lange wild kochen zu lassen, bis eigentlich niemand mehr Wahrheit von Dichtung zu unterscheiden weiß.