Frankreichs Polizei jagt Serienmörder
Unbekannter hat nahe Paris bereits vier Menschen getötet.
Paris. Der Schock von Toulouse sitzt immer noch tief, da jagt die französische Polizei schon wieder nach einem mutmaßlichen Serienkiller. Vier kaltblütige Morde sollen auf das Konto des geheimnisvollen Unbekannten gehen.
Vier Verbrechen, die auffällige Gemeinsamkeiten aufweisen: Alle Tatorte liegen nur wenige Kilometer auseinander im Département Essonne südlich von Paris. Und jedes Mal wurden die tödlichen Schüsse aus einer Pistole mit dem Kaliber 7,65 Millimeter abgefeuert.
Zeugen wollen an den Tatorten ferner einen Mann gesehen haben, der mit einem Motorrad floh. Die Fahndung der Polizei läuft auf Hochtouren, es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn in Essonne geht die Angst um: die Angst vor einem fünften Mord.
Auf das erste Opfer, Nathalie D. (35), feuerte der Täter am 27. November 2011 sieben Schüsse ab, eine Kugel traf die Frau in den Kopf. Das Verbrechen passierte in der Tiefgarage ihres Hauses in Juvisy-sur-Orge: Ein Tatort, der nur drei Monate später erneut Schauplatz eines Mordanschlags werden sollte.
Am 22. Februar 2012 wurde dort Jean-Yves B. (52) erschossen, jener Nachbar, der die sterbende Nathalie entdeckt hatte. Wieder wurde die Kugel aus einer Pistole des Kalibers 7,65 abgefeuert.
Opfer Nummer drei war Marcel B. (81). Der Täter lauerte dem Rentner am 17. März im Eingang eines Mehrfamilienhauses in Ris-Orangis auf und streckte ihn mit einem Schuss ins Genick nieder.
Zeugen berichteten später von einem Mann, der mit einem Motorrad oder einem Motorroller davonfuhr. Auf halber Strecke zwischen Juvisy und Ris liegt Grigny, in dem vergangenen Donnerstag das vierte Opfer zu beklagen ist: Nadija L. (47). Tatwaffe: wieder das Kaliber 7,65.
Laut Staatsanwältin Marie-Suzanne Le Quéau ermitteln die Fahnder in alle Richtungen. Dass erneut ein fanatischer Islamist wie der Toulouser Serientäter Mohamed Merah am Werk ist, gilt aber als unwahrscheinlich.
Bereits kurz nach dem Mord an Nathalie D. glaubte die Polizei, das Verbrechen aufklären zu können. Ihr Ex-Geliebter Michel C. (46) gab die Tat zu und überraschte angeblich mit Details aus dem Tathergang. Aber kurz darauf widerrief er sein Geständnis.
Obwohl Michel C. seit Dezember 2011 in Untersuchungshaft sitzt und deshalb für die drei folgenden Morde nicht infrage kommt, gibt er den Fahndern Rätsel auf. Hat er die Tatwaffe möglicherweise an einen Komplizen weitergegeben? Innenminister Claude Guéant hat inzwischen Dutzende Polizeibeamte zur Verstärkung nach Essonne abkommandiert.