Für 10 Euro getankt, nicht bezahlt - Fall für BGH
Karlsruhe. Ein Tankirrtum über 10,01 Euro beschäftigt seit Mittwoch den Bundesgerichtshof (BGH). Ein Autofahrer hatte an einer Tankstelle in Kufstein getankt - und dann an der Kasse zwar einen Schokoriegel und zwei Vignetten für Österreich bezahlt, aber nicht das Benzin.
Der Tankstellenpächter setzte einen Detektiv auf den säumigen Zahler an. Der Kunde sieht zwar seine Verfehlung ein, will aber nicht gut 170 Euro für Detektiv und Anwalt berappen. Der knifflige Rechtsstreit landete beim BGH (Az.: VIII ZR 171/10). Die Richter wollen am 4. Mai entscheiden, ob ein Kunde den Kassierer von sich aus informieren muss, dass er getankt hat, oder ob der Kassierer nachfragen muss.
Dabei geht es auch um die Frage, wann an einer Selbstbedienungstankstelle ein Kaufvertrag zustande kommt: bereits beim Einfüllen des Benzins oder erst - wie im Supermarkt - an der Kasse. Die Richter tendieren zur ersten Auffassung, da das getankte Benzin ja nicht zurückgegeben werden kann. Dann müsste wohl der Kunde darauf achten, dass er das Benzin auch bezahlt.
Im vorliegenden Fall summierte sich die unbezahlte Tankrechnung von genau 10,01 Euro mit den Kosten für Detektiv und Anwalt auf mehr als 180 Euro. „Da bin ich echt erschrocken“, sagte der Beklagte am Rande der Verhandlung in Karlsruhe. Er wollte zunächst bezahlen, doch sein Anwalt riet ab. Eine solch hoher Betrag sei völlig unangemessen für das kleine Versäumnis.
„Wir haben angeboten, 30 Euro zu bezahlen, aber das wurde abgelehnt.“ Laut Zeugenaussagen war an der Tankstelle folgendes passiert: Der Mann tankte, betrat dann den Laden, kaufte zwei Vignetten für Österreich - bei einer musste noch das Kennzeichen eingetragen werden - und einen Schokoriegel, bezahlte und ging.
„Mir ist nicht aufgefallen, dass die Rechnung zu niedrig war“, erzählte er. Ob er den Kassierer an die Tankfüllung erinnert hat, daran kann er sich nicht erinnern. Auch der Kassierer konnte nicht mit Gewissheit sagen, ob er seine Standardfrage „Haben Sie auch getankt?“ gestellt hat. Strittig ist auch die Verhältnismäßigkeit: Ist es angemessen, einen Detektiv zu beauftragen, um 10 Euro einzutreiben?
Oder kann es einem Tankstellenpächter zugemutet werden, bei Kleinbeträgen auf die Verfolgung zu verzichten, wie es der Vorsitzende Richter bei der Verhandlung andeutete. Bei größeren Tankrechnungen gibt es nämlich selten Probleme. So vergessen allein bei der Kufsteiner Tankstelle jeden Monat 25 bis 30 Kunden zu bezahlen. Werden sie ausfindig gemacht, zahlen sie meist anstandslos - samt Detektivkosten.