Freundin erdrosselt - Revision bringt Täter nur ein halbes Jahr

Vor einem Jahr strangulierte Sebastian S. seine Freundin an der Oppumer Straße. Am Mittwoch saß er erneut vor einer Strafkammer.

Krefeld. Strafverteidigerin Ute Steinbrenner scharrt mit den Schuhen. „Nein, das war’s noch nicht“, verrät sie nach der Urteilsverkündung. Nur ein halbes Jahr hat sie soeben durch ihre erfolgreiche Revision beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe für ihren heute 26 Jahre alten Mandanten „herausgeholt“: Zu sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt die erste große Strafkammer des Krefelder Landgerichts Sebastian S.: Zu acht Jahren hatte ihn die zweite große Strafkammer am 19. Juli 2010 wegen Totschlags verdonnert. Sechs Jahre forderte Steinbrenner.

Sebastian, das von einem Arzt und einer Krankenschwester aus dem Raum Koblenz adoptierte Waisenkind aus Brasilien, hat seit seiner Festnahme am 6. März vergangenen Jahres 25 Kilo zugenommen. Das Haupt hält er gesenkt, reden möchte er, überlässt es aber doch seiner Verteidigerin.

Der Vater der getöteten Derya ist wieder aus dem Westerwald angereist. Sein Anwalt möchte ebenso wie die Anklägerin, dass es bei den acht Jahren bleibt: Totschlag bleibe schließlich Totschlag, die Strafzumessung im Rahmen zwischen einem Jahr und zehn Jahren sei ausschließlich Sache des Gerichts.

Der BGH hatte der zweiten Kammer das Urteil auch nicht gerade um die Ohren gehauen: Bemängelt hatte er die nicht genügende Würdigung der Beleidigungen und Ausraster des späteren Opfers, der 19-jährigen Derya. Sie betrog ihren Freund aus gemeinsamer Zeit im Andernacher Obdachlosenheim tagsüber mit anderen und kroch abends wieder zu ihm ins Bett in der gemeinsamen Wohnung an der Oppumer Straße.

Der psychiatrische Gutachter Martin Albrecht nennt die verhängnisvolle Beziehung „pathologisch“. Denn beide waren krank: Der zur Tatzeit noch 24-Jährige litt an ADS, ist aber nie richtig behandelt worden, die 19-Jährige an einem Borderline-Syndrom. Männer, so heißt es, habe sie nur beim Sex akzeptiert.

Zweimal rief Sebastian die Polizei, als Derya mit Messer oder Totschläger auf ihn losgegangen war. Als sie am Vorabend ihrer Erdrosselung durch ein Antennenkabel einem Freund Todesahnung offenbarte und der ihr riet, die Polizei zu alarmieren, meinte sie: „Die tut ja doch nichts“.