Der Menschenversteher - Dieter Pfaff starb an Krebs
Hamburg (dpa) - Schon schien Dieter Pfaff den Krebs überwunden, zumindest die Krankheit im Griff zu haben. Mitte Februar kündigte er noch hoffnungsvoll an, für neue Episoden seiner TV-Serie „Der Dicke“ wieder vor der Kamera zu stehen.
„Der Krebs ist weg“, sagte er damals. Umso mehr schockt jetzt die Nachricht vom Tod des einfühlsamen und vielseitigen Charakterdarstellers, der am Dienstag mit 65 Jahren im Kreis seiner Familie zu Hause in Hamburg starb.
Wie sehr die Fernsehzuschauer Pfaff liebten, zeigte sich am Bangen und Hoffen seiner Fans, als im vergangenen Herbst die - am Ende tödliche - Krankheit diagnostiziert wurde. Er musste damals die Dreharbeiten für eine neue Staffel seiner beliebten ARD-Serie „Der Dicke“ abbrechen und sich einer Chemotherapie unterziehen. Den angekündigten Neuanfang der Dreharbeiten schaffte er nicht mehr.
Als Franziskanerpater in „Bruder Esel“, Kommissar „Sperling“, als Psychotherapeut „Bloch“ oder eben „Der Dicke“ spielte sich Pfaff in die Herzen von Millionen Fernsehzuschauern. In der Rolle des wohlbeleibten Rechtsanwalts Dr. Gregor Ehrenberg kümmerte sich Pfaff „mit viel Herz und Verstand um die Probleme der Menschen“, erinnerte der Norddeutsche Rundfunk am Mittwoch an Pfaffs populäre Figur. Er habe Ehrenberg als einen Mann gespielt, „der sich einmischt, wo andere wegsehen, der Werte lebt wie Mitmenschlichkeit und Toleranz, mit aller Schlitzohrigkeit, die einen erfolgreichen Anwalt ausmacht“.
In der ARD-Reihe „Bloch“ spielte Ulrike Krumbiegel zehn Jahre lang die Lebensgefährtin von Dieter Pfaff alias Maximilian Bloch. Sie würdigte ihn im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ als „starken Partner und zarten Mann“. „Die Arbeit mit Dieter hatte etwas Familiäres: Wir führten zehn Jahre lang eine liebevolle Fernseh-Ehe“, meinte die Schauspielerin. Sie habe an ihn bewundert, „dass er sein Privatleben so stabil halten konnte wie es nicht vielen in der Branche gelingt, dass er die Figuren Sperling, Bloch und den Dicken mit konzipiert und sich damit Träume verwirklicht hat.“
„Wahrhaftig, beharrlich, einfühlsam und von einzigartiger Präsenz“ sei Pfaff als Schauspieler gewesen, würdigte der ARD-Vorsitzende und NDR-Intendant Lutz Marmor Pfaffs Schaffen. „Diese Eigenschaften machten ihn unverwechselbar.“ Den Menschenversteher hat Pfaff in vielen Rollen verkörpert - er hat sich aber auch im realen Leben als Unicef-Sonderbotschafter gegen den Einsatz von Kindersoldaten engagiert. Es war seine Glaubwürdigkeit, die die Zuschauer an dem Mimen mit Leibesfülle und Bildschirmpräsenz schätzten. „Dieter Pfaff war ein herausragender Schauspieler und ein wunderbarer Mensch“, sagte Barbara Thielen von der Bereichsleitung Fiction bei RTL.
Dabei machte der in Dortmund geborene Sohn eines Polizisten erst spät seine Liebe zur Schauspielerei auch zum Hauptberuf. Sein Lehramtsstudium hatte er zwar abgebrochen, doch zunächst zog es ihn als Dramaturg, Autor und Regisseur zum Theater. Erst Jahre später beschloss er, sich selbst zu entdecken, wie er selber erzählte. Als ihm der Durchbruch gelang, war er fast 50 Jahre alt.
Neben den TV-Serienhelden hat Pfaff auch in Kinoproduktionen mitgewirkt, so zum Beispiel in der Komödie „Manta - der Film“ oder in der Mediensatire „Late Show“ als abgehalfterter Moderator. Seine Vielseitigkeit zeigte Pfaff auch in dem ARD-Zweiteiler „Im Schatten der Macht“ (2003, Regie: Oliver Storz) über den Rücktritt Willy Brandts als Bundeskanzler, Pfaff verkörperte den damaligen Innenminister Hans-Dietrich Genscher.
Eigentlich habe er aber ohnehin Therapeut werden wollen, um sich mit dem menschlichen Wesen auseinanderzusetzen, sagte er einmal. Mit den Abgründen der menschlichen Seele kannte er sich aus, auch deshalb setzte er auf die darstellende Kunst. „Deswegen bin ich auch kein Therapeut geworden, weil das andere spannender und spielerischer war.“ Und das hat sich der Spätzünder in Sachen Schauspielerei dann quasi selbst auf den mächtigen Leib geschneidert.
Pfaff hätte weiterhin den „komischen Dicken“ geben können, doch auf diesen Part wollte er sich nicht festlegen lassen. Als jedoch ein Regisseur verbreitet habe, Pfaff könne keine Filme tragen, also keine Hauptrollen spielen, sagte er sich: „Okay, entweder du akzeptierst das jetzt oder du entdeckst dich selber.“ Der Selbsterfinder entwickelte fortan seine Rollen hauptsächlich selbst, zunächst vor allem ernste Parts, „um zu beweisen, dass ich ein seriöser Schauspieler bin“. Seine Lieblingsfigur wurde dann aber der schlitzohrige Anwalt in „Der Dicke“ - sein „Versuch, das Ernsthafte mit dem Komödiantischen“ zu verbinden.
Hochkarätige Preise und hohe Quoten erntete er als „vollendeter Charakterbildner“, der in seinen Rollen sensibel Menschenporträts zeichnet, immer wieder. Den Adolf-Grimme-Preis, die renommierteste Fernsehauszeichnung, bekam er für „Balko“ und „Bruder Esel“.
Er selbst nannte sich gern „Märchenonkel für Erwachsene“, erzählte seine Geschichten aber fast nur in seinen Filmen - in Talkshows sah man ihn selten („Ein Schauspieler braucht immer ein Geheimnis“). So hielt er es auch mit seinem Privatleben. Mit seiner Frau, den erwachsenen Zwillingen und deren Familien lebte er bis zuletzt in einer Generationen-WG unter einem Dach.