Everest-Pläne - Kleiner Gipfelstürmer mit Rekorden
Yorba Linda (dpa) - Tyler Armstrong ist ein schlaksiger Junge, 1,50 Meter groß, 36 Kilogramm leicht. Doch mit zehn Jahren hat der kleine Kalifornier aus Yorba Linda, rund 60 Kilometer südöstlich von Los Angeles, schon große Pläne.
Noch als Teenager will er in den nächsten Jahren die höchsten Gipfel aller Kontinente besteigen. Zwei hat er bereits geschafft. Als neunjähriger Kletterer stand er im vorigen Dezember auf dem höchsten Berg der Anden, dem 6962 Meter hohen Aconcagua in Argentinien. Damit ging der Nachwuchs-Bergsteiger als jüngster Gipfelstürmer aller Zeiten in die Aconcagua-Annalen ein.
„Es war mein erster Weltrekord“, erzählt Tyler stolz. „Man lässt die Wolken weit unter sich. Ganz oben an der Spitze sieht man am Horizont, wie sich die Erde krümmt“, schwärmt er von dem Klettererlebnis. Wegen seines Alters brauchte der Junge eine Sondergenehmigung für den Aufstieg. Mit seinem Vater Kevin (41) und einem Sherpa war er zwölf Tage in den Bergen unterwegs.
Es war nicht der erste hohe Berg in Tylers Leben. Den höchsten Berg Afrikas, den 5895 Meter hohen Kilimandscharo in Tansania, bezwang er mit acht Jahren. Als siebenjähriger Knirps schaffte er es auf den kalifornischen Mount Whitney (4421 Meter), dem höchsten Berg in den USA außerhalb Alaskas. Die Kletterlust packte ihn bereits mit sechs Jahren. Da hatte er im Fernsehen einen Film über eine Extremwanderung entlang der Great Divide von Mexiko bis Kanada gesehen.
„Ich kann kaum noch mit ihm mithalten“, meint sein Vater. Kevin Armstrong hat bis jetzt alle Touren bis zum Gipfel mitgemacht. „Wir machen ihm überhaupt keinen Druck“, versichert der Kalifornier. „Zu Hause ist er ein ganz normaler Junge, doch sobald er auf einen Berg steigt, ist er plötzlich sehr reif, ehrgeizig und professionell“.
Ende August stieg das Vater-Sohn-Team mit erfahrenen Bergführern auf den Gletscher des Mount Adams (3743 Meter) im US-Staat Washington. Dort trainierten sie mit Steigeisen und Seilen Eisklettern an Gletscherspalten. Im nächsten Jahr steht mit Mount McKinley in Alaska der höchste Berg Nordamerikas auf dem Programm. 2016 möchte Tyler mit zwölf Jahren möglicherweise den Aufstieg zum Mount Everest wagen. Der mit 8848 Metern welthöchste Himalaya-Gipfel war 2010 von dem kalifornischen Teenager Jordan Romero als bisher jüngster Kletterer mit erst 13 Jahren bezwungen worden. Tyler könnte einen neuen Rekord aufstellen.
„Ich bin ein ganz normaler Junge, der auch gerne Fußball und American Football spielt“, sagt der Schüler. Aber das nimmt man dem ehrgeizigen Blondschopf nicht ganz ab. „Die meisten Kinder haben keine Lust, hart zu trainieren, doch genau das macht mir Spaß“, räumt er ein. Schon morgens früh steigt er mit einem schweren Rucksack auf ein Laufband, nach der Schule geht das Workout-Programm weiter.
Mutter Priscilla und sein kleiner Bruder Dylan würden seine Kletterlust „für ein bisschen verrückt“ halten. „Aber Mama erlaubt es mir. Sie weiß, dass Papa aufpasst und dass wir nicht davon abzubringen sind“.
Auf seiner Internetseite listet Tyler einige Sponsoren auf. Zugleich bittet er um Spenden für seine Touren, mit denen er nach eigenen Angaben auch einen guten Zweck unterstützt. Ein befreundeter Junge leidet an der seltenen Duchenne-Muskeldystrophie, er kann nicht mehr richtig laufen. Mehr Leute sollten von der Krankheit erfahren und Betroffenen helfen, meint Tyler.
Abgesehen von einem kleinen Ausrutscher mit einem Sturz, bei dem ein Zahn angeschlagen wurde, sei ihm bei seinen Klettertouren noch nichts passiert. „Angst habe ich eigentlich nie“, beteuert der kleine Gipfelstürmer. Umso größer ist seine Wunschliste. „Ich möchte unbedingt in Europa bergsteigen“, sagt Tyler. Dort könnte er mit dem 5642 Meter hohen Elbrus im Kaukasus-Gebirge einen weiteren Gipfel der „Seven Summits“ aller Kontinente abhaken.