Forscher: Deutsche sehen 2012 optimistisch entgegen
Hamburg (dpa) - Die Deutschen sind nach Einschätzung des Hamburger Zukunftsforschers Horst Opaschowski krisenresistent geworden und blicken überwiegend voller Zuversicht aufs neue Jahr.
„Von Alarmismus und Krisenangst wollen die Menschen wenig wissen“, sagte Opaschowski der Deutschen Presse-Agentur dpa. „Dem Jahr 2012 sehen die Deutschen relativ gelassen entgegen.“ Mehr als zwei Drittel der Bundesbürger (68 Prozent) starteten geradezu optimistisch ins nächste Jahr - bei ihnen dominiere trotz weitgehend ungelöster Krisen in Deutschland, Europa und der Welt die positive Einstellung zum Leben.
Das Vertrauen in den Erhalt der eigenen Lebensqualität ist nach Angaben des Forschers bei den meisten Befragen groß. „Im ganz persönlichen Leben koppeln sie sich immer mehr vom politischen Krisengeschehen ab und arrangieren sich privat und familiär. Dieses Leben in zwei Welten überrascht mich immer wieder“, erklärte er. „Die Dauerpräsenz weltweiter Finanz- und Umweltkrisen hat sie resistent gemacht.“ Der Forscher stützt sich auf eine Repräsentativumfrage, für die das IPSOS-Institut in Mölln in Opaschowskis Auftrag 1000 Menschen ab 14 Jahren in Deutschland nach ihren Erwartungen für 2012 befragt hat.
Der Wissenschaftler, der lange das BAT Freizeit-Forschungsinstitut leitete und der daraus hervorgegangenen Stiftung für Zukunftsfragen bis Ende 2010 vorstand, stellte fest: Im Hinblick auf die globalen und gesamtgesellschaftlichen Probleme bleibt die Bevölkerung in zwei Gruppen gespalten. „Die einen sehen dem kommenden Jahr mit großer Zuversicht entgegen und erwarten "bessere Zeiten"“, erläuterte der 70-Jährige. „Jeder Dritte aber gehört den Skeptikern an, die dem neuen Jahr mit gemischten Gefühlen entgegensehen und pessimistisch meinen: "Es kann alles noch viel schlimmer werden".“
Was den Autor des Buches „Der DeutschlandPlan. Was in Politik und Gesellschaft getan werden muss“ bei seiner jüngsten Umfrage überraschte: Trotz international pessimistischer Prognosen für 2012 - IWF-Chefin Christine Lagarde etwa zeichnete ein düsteres Bild der Weltwirtschaft - hätten die meisten Deutschen keine Angst. „Sie fühlen sich sicher, fast zu sicher, könnte man meinen“, merkte Opaschowski kritisch an. „Das könnte eine trügerische Ruhe sein - ausgelöst durch Versprechen der Regierung.“
Persönlich richten sich die meisten Bürger laut „Mr. Zukunft“ auf ein „gutes Leben“ im kommenden Jahr ein und vertrauen ihrem Umfeld aus Familie, Nachbarschaft und Freunden. Hingegen wachse ihr Misstrauen gegenüber Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik. „Statt zu regieren, reagieren diese nur noch. Daher trauen die Menschen ihnen immer weniger, sich selbst aber immer mehr zu“, sagte Opaschowski. Die Folgen blieben nicht aus: „Für 62 Prozent der Befragten in Westdeutschland und 68 Prozent jener im Osten ist klar, dass die Politikverdrossenheit weiter zunehmen wird.“
Immer mehr Deutsche sehnen sich laut Opaschowski nicht nur nach einer besseren Gesellschaft - sie wollen auch mithelfen, diese zu schaffen. Mittlerweile spreche sich fast jeder zweite Bundesbürger (45 Prozent) für mehr Bürgerbeteiligung aus. Vor allem die Bewohner in Bayern (57 Prozent) und Baden-Württemberg (51 Prozent) fordern mehr Volksentscheide. Bei der Entscheidung über politische Prioritäten wollen sie als Bürger und Wähler mehr beteiligt werden und aktiv mitmischen können. Prognose des Zukunftsforschers: „Wer demnächst noch Kommunal- oder Landtagswahlen gewinnen will, muss nah am Bürger sein und mehr Klinkenputzer als Wahlredner werden.“