Glamouröse Gastgeber: Die Oscars als TV-Show
Berlin/Los Angeles (dpa) - Wer eine Filmpreis-Gala moderiert, also eine Selbstbeweihräucherung des Showgeschäfts, muss etwas aushalten können: Launische Jury-Voten, dürftige Dankesreden und einlullenden Operetten-Swing.
Doch am besten haben es wohl noch die Moderatoren der Oscar-Verleihung.
Sie gilt als die glamouröseste Show der Welt. Für viele ist sie nach wie vor das TV-Event des Jahres, das weltweit die Maßstäbe setzt. In Deutschland überträgt ProSieben wieder (live in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar ab 2.00 Uhr).
Die Oscar-Gala verhält sich zu deutschen Medienpreisen in Sachen Unterhaltungswert in etwa so wie ein iPad zu einem Rechenschieber. Während in den USA Glamour und Witz zählen - vor zwei Jahren moderierte zum Beispiel der australische Allrounder Hugh Jackman („X-Men“) -, fielen deutsche Preisverleihungen in jüngster Zeit vor allem mit rührseligen Sonderpreisen auf. Wer sonst wie, warum und welchen Preis bekam, wirkte fast willkürlich und war schnell vergessen.
In diesem Jahr präsentieren die Schauspieler Anne Hathaway (28, „Der Teufel trägt Prada“) und James Franco (32, „127 Hours“) die wichtige Show in Los Angeles. Letztes Jahr fiel die Gastgeberrolle den Hollywood-Granden Steve Martin (65) und Alec Baldwin (52) zu.
Die beiden Neulinge geben zu, sehr aufgeregt zu sein. Franco sagte aber auch, die Moderation lenke ihn wenigstens von der noch größeren Nervosität ab, die er spüre, wenn er an seine eigene Nominierung als bester Hauptdarsteller im Klettererdrama „127 Hours“ denke.
Einige Fragen stehen im Raum. Erstens: Wie lustig und mutig werden Hathaway und Franco moderieren? Zweitens: Ziehen sie junges Publikum an und steigern erneut die Einschaltquote, die im Jahr 2008 in den USA ihr Tief erlebte? Drittens: Wie viele Menschen in Deutschland stehen eigentlich mitten in der Nacht für die Oscar-Verleihung auf?
Was die Gags angeht, wird das frische Schauspieler-Duo wohl kaum den britischen Komiker Ricky Gervais (49) übertreffen, der im Januar zum zweiten Mal die Golden Globes moderierte. Mit bösen Sprüchen spaltete er Hollywood („Dies wird ein Abend mit viel Party und Trinken - Oder, wie Charlie Sheen es nennen würde: Frühstück!“, „Es war ein großes Jahr für 3D-Filme (...) Alles war irgendwie dreidimensional in diesem Jahr - außer den Charakteren in "The Tourist"“).
Was die US-Zuschauerzahl angeht, so brachte 2010, als erstmals zehn (und nicht mehr fünf) Werke als bester Film nominiert waren, die beste Einschaltquote seit fünf Jahren (41,3 Millionen). Vielleicht, weil unter anderem auch das populäre Science-fiction-Spektakel „Avatar - Aufbruch nach Pandora“ nominiert war?
Den Rekord in den USA hält jedenfalls nach wie vor die Verleihung 1998, als der Blockbuster „Titanic“ vor 55,2 Millionen Fernsehzuschauern abräumte und der Schauspieler Billy Crystal moderierte. Crystal war seit 1990 achtmal der Gastgeber - immer sehr brillant. Viele Fans trauern auch den vier kostümreichen Moderationen von Whoopi Goldberg hinterher. Zuletzt ging ein bisschen die Kontinuität verloren, die die Verleihung mit Conferenciers wie Bob Hope oder Johnny Carson in den 60er oder 80er Jahren hatte. Fast jedes Jahr wechseln die Moderatoren.
Einen Tiefpunkt sahen viele US-Medien 1995, als der TV-Moderator David Letterman die Oscars präsentierte - in etwas zu selbstgerechter Late-Night-Talker-Manier und ohne das Pathos, das viele erwarten.
In Deutschland zeigt der Privatsender ProSieben jedes Jahr die Oscar-Show - bereits seit 1999. „Unseren Zuschauern ist es wichtig, bei diesem Ereignis live dabei zu sein“, sagt Sendersprecher Christoph Körfer. Als „Spielfilm- und US-Serien-Sender Nr. 1“ sei es selbstverständlich, die wichtigste Preisverleihung der internationalen Filmbranche zu zeigen.
In den vergangenen drei Jahren stieg das Interesse zusehends. Immer mehr Menschen blieben wach oder standen extra auf: 2008 guckten 530 000 Menschen zu, 2009 waren es 670 000 und 2010 sogar 780 000. In der für den Privatsender wichtigen Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen lag der durchschnittliche Marktanteil vergangenes Jahr während der Live-Übertragung bei guten 27,6 Prozent in den Nachtstunden.