Gladbecker Geiseldrama: Freigang für Degowski
Nach fast 26 Jahren in Haft wird der Gladbecker Geiselgangster schrittweise auf seine Entlassung vorbereitet.
Düsseldorf/Werl. Der Gladbecker Geiselgangster Dieter Degowski (58) wird derzeit mit Haftlockerungen auf seine Freiheit vorbereitet. Degowski habe nach begleiteten Ausführungen in Handschellen das Gefängnis inzwischen auch für bewachte Ausgänge ohne Fesseln verlassen dürfen, bestätigte ein Sprecher des NRW-Justizministeriums in Düsseldorf. Degowski wisse, dass er sich nichts zuschulden kommen lassen dürfe und an die strengen Auflagen halten müsse, sagte der Justizsprecher: „Sonst ist das Thema für ihn erledigt.“
Degowski und sein Komplize Hans-Jürgen Rösner hatten 1988 drei Tage lang die Republik in Atem gehalten, als sie einen Linienbus mit 30 Geiseln in ihre Gewalt brachten und damit quer durch die Republik fuhren. Ein kurzer Zwischenstopp führte sie damals auch nach Wuppertal. Zwei Geiseln und ein Polizist kamen beim „Gladbecker Geiseldrama“ ums Leben. Seinen Anfang hatte das Drama in Gladbeck im Ruhrgebiet mit einem Banküberfall genommen.
In einem in Bremen entführten Linienbus erschoss Degowski einen 15 Jahre alten Jungen, der sich schützend vor seine kleine Schwester gestellt hatte. Eine zweite Geisel, erst 18 Jahre alt, starb später durch eine Kugel aus Rösners Waffe. Außerdem starb ein Polizist bei einem Unfall während der Verfolgung der Geiselnehmer.
Degowski sitzt seit nunmehr fast 26 Jahren hinter Gittern. Mit einer Haftentlassung sei aber nicht vor 2016 zu rechnen, sagte der Ministeriumssprecher. Degowski und Rösner waren jeweils wegen Mordes zu lebenslanger Haft — mit der Feststellung besonderer Schwere der Schuld — verurteilt worden.
Die Vollzugslockerungen seien, abgesehen von der Bekanntheit des Täters, ein „normaler Vorgang“, sagte der Sprecher. 40 bis 50 „Lebenslängliche“ und fünf bis sechs Gefangene, die zusätzlich wegen besonders schwerer Schuld verurteilt wurden, durchliefen ständig diese mehrjährige Prozedur der kleinen Schritte. Bei einer Verurteilung eines Mörders zu lebenslanger Haft liegt die durchschnittliche tatsächliche Haftdauer bei 18 Jahren.
„So wie das gemacht wird, mit begleiteten Ausgängen, sehe ich da kein Risiko für die Bevölkerung“, sagte Joe Bausch, Gefängnisarzt der JVA Werl, in der Degowski einsitzt. „Keiner, der so nah dran ist an der Freiheit, macht da eine falsche Bewegung“, sagte Bausch.
Degowskis Komplize Hans-Jürgen Rösner, kommt dagegen nicht in den Genuss von Vollzugslockerungen. Er wird als unkooperativ eingestuft, hatte sich therapeutischer Behandlung widersetzt. Außerdem war in seiner Zelle Heroin gefunden worden.
Mit den Haftlockerungen für Degowski kommt der Vollzug einem Beschluss des Arnsberger Landgerichts vom August vergangenen Jahres nach, das eine unvorbereitete Haftentlassung abgelehnt hatte. Das Gericht hatte auch keinen genauen Entlassungszeitpunkt vorgegeben. Nur wenn die Vorbereitung optimal laufe, könne Degowski mit einer Entlassung auf Bewährung rechnen.
„Die schrittweise Vorbereitung kann durch zunächst begleitete, später unbegleitete Ausgänge und anschließend die Verlegung in den offenen Vollzug mit der Möglichkeit von Hafturlaub erfolgen“, hatte es in einer Mitteilung der Arnsberger Richter geheißen. Eine unvorbereitete Entlassung berge die Gefahr, „dass der Verurteilte ins soziale Randmilieu abrutschen könnte, in dem die Gefahr weiterer schwerer Straftaten besteht“. Der psychologische Gerichtsgutachter hatte zuvor empfohlen, Degowski in einer mehrjährigen Pozedur auf seine Entlassung vorzubereiten. Diese Lockerungen werden mittlerweile vollzogen.