Götz Alsmann: Ein Bier auf den Mann am Klavier
Götz Alsmann wird 50. Wird auch langsam Zeit. Schließlich verkörpert niemand im deutschen Showgeschäft altmodische Tugenden so galant wie der Münsteraner.
Köln. Man muss sich das mal vorstellen. Da will man eine Nikolausfeier veranstalten, in der Schule oder einfach nur im Freundeskreis, man gibt sich Mühe, besorgt Essen, kümmert sich um die Dekoration und den Programmablauf. Und dann taucht dieser notorische Besserwisser mit der affigen Tolle auf und mäkelt daran rum, dass man für die Bescherung einen Weihnachtsmann engagiert hat - und keinen Nikolaus, wie der Brauch es eigentlich verlangt.
Dann monologisiert er auch noch irgendetwas, von wegen der Weihnachtsmann im roten Mantel sei eine Erfindung von Coca Cola. Und wir würden uns von den amerikanischen Bräuchen unsere europäischen Festrituale verwässern lassen. Sein Sohn, mittlerweile 17, bläst ins gleiche Horn. Und wissen Sie, was das Schlimmste ist? Die haben beide auch noch irgendwie Recht!
So oder zumindest so ähnlich dürfte sich der eine oder andere Organisator von Münsteraner Nikolaus-Partys in den vergangenen Jahren gefühlt haben. Eigentlich erstaunlich, dass Götz Alsmann dann immer wieder eingeladen wird, obwohl er selbstkritisch einräumt, mit seinem Sohn im Schlepptau "schon ein echter Stimmungskiller" auf diversen Festen gewesen zu sein.
Wahrscheinlich lassen sich die Leute einfach gerne belehren. Im Falle Alsmann wissen sie ja, dass sie noch etwas lernen können. Denn wenn Götz Alsmann, promovierter Musikwissenschaftler, selbst ernannter Jazz-Schlagersänger und hauptberufliche Rampensau, über diese griffigen und überstrapazierten Schlagwörter hinaus etwas verkörpert im deutschen Fernsehen, dann ist es dieser fast kindliche und antiquiert anmutende Enthusiasmus für Bildung, sei sie nun wesentlich wie bei Dietrich Schwanitz oder auch unnütz im Sinne der Generation "Neon".
Der freie Bürger, in diesem Fall also der Zuschauer, darf sich nicht schon gegen Bildung entscheiden, bevor er zugehört hat. Er darf sich aber sehr wohl dazu entscheiden, das, was er gehört hat, nicht zu verinnerlichen. Da bleibt Alsmann gelassen. Man kann die Menschheit nicht dazu zwingen, schlau zu sterben.
Auf der Bühne agiert er anders. Hier braucht er keine Derbheiten, um sein Naturell als geschmeidiger Conferencier zu konterkarieren. Hier ist er Kapellmeister, Samstagabend-Galan und Geschichtenerzähler in einem, verhilft vergessenen Liedgut-Größen, Peter Kreuder oder Michael Jary beispielsweise, zu posthumem Ruhm, wenn er ihre Gassenhauer wie "Es liegt was in der Luft" oder "Für eine Nacht voller Seligkeit" im Jazzgewand präsentiert.
Berührungsängste kennt er dabei nicht. "In jeder Musikrichtung gibt es einen, der etwas zu sagen hat", ist sein Credo. Selbst in der Rockmusik gibt es Ausnahmen. Zwar steht er auf dem Standpunkt: "Für mich klingt das alles gleich." Aber auch hier sieht er die Ausnahme von der Regel - in den Ärzten, die er "sensationell" findet.
Kindheit: Götz Alsmann wird am 12. Juli 1957 in Münster geboren. Bereits als Teenager spielt er in lokalen Bands Klavier, darunter in der Heupferd Jug Band.
Ausbildung: Ab 1977 studiert Alsmann Musikwissenschaft und Publizistik, ebenfalls in Münster. 1986 promoviert er, das Thema seiner Dissertation lautet: "Nichts als Krach. Die unabhängigen Schallplattenfirmen und die Entwicklung der amerikanischen populären Musik, 1943-1963".
Erste Erfolge: Ebenfalls 1986 unterzieht er den Depeche-Mode-Hit "People Are People" einer Jazz-Überholung. Der Song verschafft ihm erste Aufmerksamkeit in den Medien. Der WDR bietet ihm eine eigene Show an, "Roxy - Das Magazin für junge Erwachsene". Es folgen u.a. die "Gong Show" (RTL) und "Avanti" (Vox).
Quotenhit: Mit "Zimmer frei" (WDR) erlangt er 1996 breite Bekanntheit. Gleichzeitig beginnt er mit seiner Jazz-Schlager-Band zu touren.