Höchststrafe für Mörder von Sittensen
Im Prozess um die sieben Morde in einem China-Restaurant erhalten zwei Angeklagte lebenslänglich.
Stade. Der Todesschütze von Sittensen zeigt beim Urteilsspruch keine Regung. Die Stunden zuvor hatte er noch auf der Anklagebank im Landgericht Stade mit seinem Bruder oder seinem Dolmetscher gescherzt. Bei ihrem Urteil am Mittwoch gegen den Vietnamesen und vier seiner Landsleute sieht die Schwurgerichtskammer in ihm den Mann, der in der Nacht zum 5. Februar 2007 in dem China-Restaurant "Lin Yue" den Finger am Abzug hatte. Der Richterspruch: Lebenslange Freiheitsstrafe und die besondere Schwere der Schuld wegen Mordes in sieben Fällen.
Lebenslang wegen Mordes heißt der Urteilsspruch auch für den Bruder des 31-jährigen Schützen. "Sie haben ihrem Bruder den Befehl gegeben, auf den Inhaber zu schießen", sagt der Vorsitzende Richter Hans-Georg Kaemena zum Mordvorwurf.
Der dritte Mann, der in der Stunde vor Mitternacht in dem Lokal war, wird wegen Raubes mit Todesfolge zu 14 Jahren Haft verurteilt. In dem langwierigen, rein auf Indizien gestützten Prozess ergab sich, dass er in anderen Räumen nach Beute suchte, als das maßlose Morden begann. Der Tippgeber für das Verbrechen und der Fahrer des Fluchtwagens müssen für fünf Jahre beziehungsweise vier Jahre und neun Monate ins Gefängnis.
Als Raubüberfall geplant, eskaliert in jener Februarnacht die Situation. 14 Schüsse peitschen durch das China-Restaurant. Sieben Menschen, das Inhaber-Ehepaar und fünf Angestellte, sterben. Einige Opfer sind gefesselt, haben Kopfschüsse.
Zwischen den Leichen überlebt ein Mädchen (2) als stiller Zeuge des Gewaltausbruchs. Kaemena bezeichnet die Szenerie dieser Nacht als ein Verbrechen mit "Hinrichtungscharakter". Er spricht von "einer der schlimmsten Straftaten in Deutschland" nach dem Krieg.
Die Polizei hatte bereits am Tag nach dem Blutbad die beiden ersten Verdächtigen festgenommen und war dann den drei anderen Männern auf die Spur gekommen. Bereits im August 2007 begann ein erster Mordprozess, der aber wegen Erkrankung einer Richterin im Dezember platzte.
Der neue Prozess begann im Januar 2008. Nach anfänglichem Schweigen schob der Haupttäter einem seiner Komplizen die Schuld zu. Direkt nach der Urteilsbegründung am gestrigen 107. Verhandlungstag kündigen gleich mehrere Verteidiger Revision an. "Wir gehen davon aus, dass auch ein anderer Sachverhalt möglich gewesen wäre", sagt der Verteidiger des Schützen, Christian Rosse.