„Hohle Idole“ auf Sendung

Nur Lug und Betrug auf dem Bildschirm. Findet zumindest der Medienwissenschaftler Bernd Gäbler — und schießt gegen Klum und Co.

Berlin. Dieter Bohlen befiehlt seinen Kandidaten, sich niederzuknien, Heidi Klum lässt den Models schon mal einen Tintenfisch auf den Kopf setzen und Daniela Katzenberger? Die Blondine redet gern mit der Kamera wie mit ihrer besten Freundin und enthüllt, warum sie am liebsten zu Hause auf Toilette geht und wie sie ihre beiden Brüste getauft hat.

Viele junge Menschen lästern über die TV-Prominenten ab, möchten aber dennoch auch gern solch einen Erfolg für sich verbuchen können. Egal, ob auf Kosten anderer oder ob sie sich selbst lächerlich machen. Das hat Medienwissenschaftler Bernd Gäb-ler beobachtet und für eine Studie ausgewertet: „Hohle Idole“ lautet die bereits resümeehaft klingende Überschrift der Arbeit.

In einer seiner Thesen über Castingshows wie „Deutschland sucht den Superstar“ mit Bohlen oder „Germany’s next Topmodel“ mit Klum: „Diese Sendungen bedienen das Motiv, nur die Stärksten würden überleben. Schwache ernten eher Häme als Mitgefühl. Die Shows seien ein Spiegelbild gesellschaftlicher Aggressivität.“

Klum & Co verbreiteten die Illusion, von ihnen könne man lernen, wie man berühmt und erfolgreich wird. Die Castingshows tun laut Gäbler so, als seien sie Exerzierplätze fürs Leben — Feuertaufen, um abgehärtet im Leben zu bestehen. Die Werte, die propagiert würden, seien Egoismus und Sexismus. Die Kandidaten lernten, dass erfolgreich nur sein werde, wer sich anpasse. Besonders Klums Show erziehe zu Gehorsam.

Katzenberger wird von Gäbler vorgeworfen, sie gaukele ihrem Publikum vor, es handele sich bei ihr alles um eine dokumentarische Form des Fernsehens. „Viele finden, sie sei glaubwürdig und echt“, schreibt Gäbler. Aber: „Von Daniela Katzenberger kann man lernen, wie man ohne irgendeine besondere Tätigkeit wie Singen, Tanzen oder Schauspielern dadurch berühmt wird, dass man in den Medien existiert.“ Die Jugend sei sich unsicher, was die eigene Zukunft betrifft, so der Forscher weiter. „Da wirken die Shows mit ihren vermeintlichen Weisheiten fürs Leben.“

Gäblers Fazit lautet: „Zu den Illusionen der TV-Unterhaltung gehört es, ein falsches Bild von der Leistungsgesellschaft zu zeichnen. Tatsächlich bleibt das Sein wichtiger als der Schein, sind Wissen und Können auch in einer googelnden Gesellschaft nicht obsolet geworden.“ Gäbler will mit seiner Studie, die vermutlich von den jungen TV-Zuschauern nie gelesen wird, eine Debatte anstoßen. „Über die Richtung, in die sich diese Art der TV-Unterhaltung entwickelt. Und ich möchte auch, dass jemand die Bertelsmänner dieser Welt daran erinnert, womit sie tatsächlich ihr Geld verdienen.“