Interview: „Es herrscht reine Habgier“
Die Satire „Gier“ passt ideal zur Finanzkrise. Regisseur Dieter Wedel über Geld und eine Gesellschaft ohne Werte.
Herr Wedel, als Sie das Drehbuch Ihres Zweiteilers über einen betrügerischen Anlageberater geschrieben haben, war die Finanzkrise noch gar nicht ausgebrochen. Haben Sie diese Entwicklung geahnt?
Wedel: Den Zeitpunkt der Krise und ihr Ausmaß habe ich natürlich nicht voraussehen können, aber es gab schon länger Anzeichen, dass sich das Klima in unserer Gesellschaft wandelt. Das war auch der Anlass, warum ich mich mit dieser Hochstaplergeschichte beschäftigt habe. Ich habe den Eindruck, dass das Profitstreben immer mehr in reine Habgier umgeschlagen ist. Eine Gesellschaft, die für alles nur noch den Preis, aber keine Werte mehr kennt, ist aus dem Gleichgewicht.
Wedel: Stimmt. Ich las in einer Zeitung über seinen Prozess, und die Gerichtsreporterin schrieb, die ganze Geschichte höre sich an wie ein Mehrteiler von Wedel - das war natürlich eine Steilvorlage. Ich habe mich daraufhin mehrmals mit Harksen getroffen. Für die Treffen hat er Freigang bekommen. Ich habe ihn mit dem Wagen abholen lassen, und er hat sich dann gleich darüber beschwert, dass es kein ganz neuer Mercedes war (lacht).
Wedel: Er hat mir zuerst sehr geschmeichelt, und wir sind dann immer so fünf bis sechs Stunden zusammengesessen. Beim zweiten Mal hat er sich schon für meine Finanzen interessiert - er wollte mir eine dubiose Offshore-Firma auf Jersey andienen, weil er fand, dass ich zu viel Steuern zahle.
Wedel: Es ist vor allem die Fähigkeit, erst mal so etwas wie Freundschaft herzustellen, was im Film, glaube ich, doch sehr deutlich wird. Da geht es zunächst mal noch gar nicht um Geld, es geht vielmehr um das Gefühl, einer auserwählten Gruppe anzugehören. Das ist dasselbe wie bei einem Sektenguru, der Jünger um sich schart. Das Heilsversprechen dieser Leute ist der große Gewinn, doch am Ende steht für die Anleger der totale Verlust. Dabei habe ich festgestellt, dass viele Betrogene unter dem Verrat der Freundschaft fast mehr gelitten haben als unter dem Verlust des Geldes.
Wedel: Nein, weil ich keine Filme über unsympathische Menschen machen kann. Auch der Bösewicht muss groß sein, muss Charme und gute Argumente für sich haben, sonst wäre es doch langweilig.
Wedel: Natürlich, weil sie glauben, dass Geld glücklich macht. Geld ist wichtig, aber mit Sicherheit kein Mittel für ein erfüllteres Leben. Das habe ich schon oft bei Leuten beobachtet.