Jacques Berndorf: Mord ist mehr als sein Hobby

Jacques Berndorf hat 4,5 Millionen Eifel-Krimis verkauft. Einer bekommt sie umsonst: Frank-Walter Steinmeier.

Düsseldorf. Neulich lag ein Päckchen bei ihm im Briefkasten. Darin ein Buch, signiert mit den Worten: "Lieber Herr Berndorf, dieselbe Spannung wie in ihren Büchern kann ich Ihnen nicht versprechen. Aber endlich kann ich mich mal bei Ihnen revanchieren. Ihr Frank-Walter Steinmeier." Der SPD-Kanzlerkandidat hatte dem Autor sein Buch "Mein Deutschland. Wofür ich stehe" geschickt. Normalerweise läuft das Spielchen anders herum, und Steinmeier bekommt Post von Berndorf, der ihn mit seinen Thrillern und Eifel-Krimis eindeckt.

Jacques Berndorf (72), der "Eifel-Krimi-Guru", der mit bürgerlichem Namen Michael Preute heißt, erzählt solche Anekdoten gerne. "Natürlich macht mich so etwas stolz", sagt er. Doch Berndorf ist gänzlich uneitel, obwohl er regelmäßig von Kritikern gelobt wird, obwohl er seit 1989 4,5 Millionen Bücher verkauft hat. "Was ich mache, ist reine Unterhaltung", sagt er. "Und das ist gut so." Seine Eifel-Reihe, 22 Fälle stark, ist die erfolgreichste Krimi-Serie auf dem deutschen Markt.

Wer Berndorf nicht kennt, würde ihn für einen netten Opa halten, mit seiner vom Leben und vom Rauchen strapazierten Stimme, seinen weißen Locken, der Brille und der Pfeife. "Ich sehe aus wie ein freundlicher Nikolaus", sagt er. Wieso macht so ein Mann Mord zu seinem Hobby und noch mehr? "Gewalt hat mein Leben begleitet", erklärt Berndorf. Als Kind erlebt er die Bombenangriffe im Osnabrücker Bunker, als Journalist war er in Krisengebieten wie Libanon, Vietnam und Korea. Daher habe das Krimi-Genre für ihn auf der Hand gelegen.

1984 zieht der umtriebige Reporter, der unter anderem für "Stern", "Spiegel" und "Time Life" schreibt, aus München in die Eifel, "an den schönsten Arsch der Welt". Alkoholprobleme hat er hinter sich gelassen, seine Familie ist zerbrochen - ein Neuanfang für den damals 48-Jährigen. Die deutsche Hauptstadt Bonn liegt nahe, die europäische Hauptstadt Brüssel auch, also ein idealer Wohnsitz.

Trotzdem ist die Eifel zunächst ein Kulturschock für den hektischen Stadtmenschen. Doch den verarbeitet er auch in seinen Krimis. 1989 erscheint "Eifel-Blues", bald kann er vom Krimischreiben leben. Mit seinem Pseudonym will er den Schriftsteller vom Journalisten trennen. Berndorf ist zu der Zeit sein Wohnort, ein Nest mit 350 Einwohnern, wo er ein altes Haus gekauft hat.

In der Eifel lernt er, den Blick von der Hetze der Arbeit auf die elementaren Dinge des Lebens, auf sich selbst zu lenken. "Du gehst durch den Wald und hörst die Vögel wieder, riechst die Blumen", erzählt er. "Die Stille in der Eifel ist allumfassend. Ich wusste: Hier bleibe ich." Seine Krimis sind lauter Liebeserklärungen an die Eifler. "Sie sind stur, verlässlich, sympathisch, aber auch skeptisch, geprägt von Armut", sagt Berndorf und lacht, "ein hinterlistiges Bergvolk".

Sein Protagonist Baumeister ist eine jüngere Ausgabe von Berndorf selbst: Journalist, Naturliebhaber, Pfeifenraucher, trockener Alkoholiker. "Diese Details lockern die Handlung auf, machen die Personen lebensecht, dazu die authentischen Schauplätze und ein guter Plot - das ist wahrscheinlich das, was den Lesern gefällt."

Wenn Berndorf heute auf Lesereise geht, reist er als Botschafter seiner Wahl-Heimat. "So lange ich gute Geschichten im Kopf habe, höre ich auch nicht auf zu schreiben", sagt er. Da kann sich Herr Steinmeier ja schon mal auf das nächste Päckchen freuen.