Jesuiten — die asketischen Erneuerer
Ein Leben in Demut und das Engagement für die Bildung sind die Grundsätze. Seit Jahren kämpfen sie für die Armen der Welt.
München. Entwicklungshilfe, Bildung, Seelsorge und ein Leben in Armut stehen im Zentrum der Jesuitenlehre. Das Streben nach Ämtern und Würden ist ihnen fremd. Dass mit Franziskus nun erstmals in der Kirchengeschichte ein Jesuit den Stuhl Petri bestiegen hat, muss allerdings kein Widerspruch sein. „Ein Jesuit verweigert sich nicht, wenn er in den Dienst gerufen wird“, erklärt Stefan Kiechle, Provinzial der deutschen Jesuiten. Für den Orden war es dennoch eine große Überraschung, dass nun einer aus ihren Reihen Oberhaupt der katholischen Kirche ist.
Wie sehr der argentinische Geistliche Jorge Mario Bergoglio die Grundsätze der Jesuiten lebt, zeigte sich bereits bei seinem ersten Auftritt nach der Wahl: In einfacher Kleidung trat er vor die Gläubigen auf dem Petersplatz, demütig und ohne den traditionellen Pelzumhang.
Es passt zu den Jesuiten, die im Gegensatz zu anderen Gruppen auf eine eigene Ordenstracht verzichten. Rund 17 600 Mitglieder gibt es derzeit weltweit. Sie betreiben unter anderem Universitäten nahe Frankfurt und München, sowie Gymnasien in Bonn, St. Blasien und Berlin. Bekannte Schüler sind Heiner Geißler, Stefan Raab, Modeunternehmer Wolfgang Grupp und EZB-Chef Mario Draghi.
Der Heilige Ignatius von Loyola war 1534 einer der Gründungsväter des Ordens, der für die innere Erneuerung der katholischen Kirche eintrat. Von Rom aus verbreiteten sie sich über Europa und spielten eine wichtige Rolle in der Gegenreformation. Ihre zunehmende politische Macht wurde ihnen jedoch zum Verhängnis: 1773 verbot Papst Clemens XIV. den Orden. Erst 1814 wurde er von Pius VII. wieder zugelassen.
Die Jesuiten gelten als intellektuelle Speerspitze des Katholizismus und haben entsprechend hohe Anforderungen. Die philosophische und theologische Ausbildung der Mitglieder dauert mehr als 15 Jahre.
In den vergangenen Jahrzehnten versuchten die Jesuiten, auf eine politisch offensivere Armutsbekämpfung zu drängen, konnten sich damit in der Amtskirche allerdings nicht durchsetzen. Vieler Menschen in der Dritten Welt hoffen nun darauf, dass sich Papst Franziskus entsprechend der Jesuitenlehre für die Linderung ihres Leids einsetzen wird.