Justiz: Verdächtiger Wärter beschattet
Schon vor dem Ausbruch der Schwerverbrecher aus dem Aachener Gefängnis gab es verdeckte Ermittlungen gegen einen Bediensteten.
Düsseldorf. Nach dem spektakulären Ausbruch der zwei Schwerverbrecher Michael Heckhoff und Peter Paul Michalski aus dem Aachener Gefängnis gibt es neue Hinweise auf mögliche Missstände in der Haftanstalt.
Damit gerät erneut die nordrhein-westfälische Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) in Bedrängnis.
Bereits eineinhalb Wochen vor dem Ausbruch von Heckhoff und Michalski am 26. November gab es verdeckte Ermittlungen gegen einen Justizvollzugsbeamten. Das sagte am Dienstag der Aachener Oberstaatsanwalt Robert Deller unserer Zeitung. Er bestätigte damit einen Bericht der "Aachener Nachrichten".
Rund eineinhalb Wochen lang hätten Ermittler einen Justizvollzugsbeamten in Aachen observiert, sagte Deller. Ob es sich dabei um die gleiche Person handelt, die im dringenden Verdacht steht, den beiden Verbrechern Heckhoff und Michalski zur Flucht verholfen zu haben, ließ Deller offen. "Dazu kann ich aus ermittlungstaktischen Gründen nichts sagen", so Deller.
Dabei spielten ebenso die Ergebnisse von Vernehmungen wie auch sonstige Ermittlungsergebnisse eine Rolle. Bisher wurde nur ermittelt, dass der Beamte einen Geldbetrag erhalten hat. Bei diesem Geschäft soll die Ehefrau eines Gefangenen eine Rolle gespielt haben.
"Ich kann nur sagen: Dieser mögliche Vorgang hat nichts direkt mit der Flucht von Heckhoff und Michalski zu tun", sagte Deller unserer Zeitung. Es gab also womöglich noch einen weiteren Fluchtplan, bei dem derselbe Beamte den Türöffner für einen anderen oder mehrer andere Verbrecher spielen wollte.
Schon in der vergangenen Woche war die Person des nun aktuell verdächtigen Vollzugsbeamten in den Mittelpunkt von politischen Diskussionen gerückt. Ein Strafverfahren gegen ihn war aber eingestellt worden - Freispruch erster Klasse.
Das hatte auch Ministerin Müller-Piepenkötter (CDU) in der vergangenen Woche mehrfach betont und damit unterstrichen, dass es keine Anhaltspunkte für einen Verdacht gegen den Mann gegeben habe. Somit habe es in dieser Frage auch kein Versäumnis der Justizbehörden gegeben.
Müller-Piepenkötter bestritt die neuen Erkenntnisse nicht, kritisierte aber scharf, dass sie öffentlich wurden: "Ich bin entsetzt, dass Informationen, die ich dem Rechtsausschuss in vertraulicher Sitzung übermittelt habe, offenbar an Medien weitergegeben wurden." Das gefährde die Ermittlungen und sei völlig verantwortungslos.
Die SPD stellte der Ministerin am Dienstag einen Fragenkatalog zur neuen Entwicklung im Fall Aachen. Fraktionsvize Ralf Jäger forderte erneut den Rücktritt von Müller-Piepenkötter.