JVA Aachen: Alarm im Pannenknast - Schusswaffe gesucht
150 Polizisten durchkämmen das Gelände, finden aber nichts.
Aachen. Wieder Alarm im Aachener Gefängnis, wieder geht es um eine Waffe: Mit einem Großaufgebot hat die Polizei gestern nach einer scharfen Waffe gesucht - und nichts gefunden. Die Polizei suchte mit rund 150 Beamten, Hunden und Metalldetektoren in Freistundenhof, Sporthalle und auf dem Sportplatz. Ein Informant hatte Ende letzter Woche gesagt, dass dort eine scharfe Schusswaffe versteckt sei.
"Diese Information war falsch", sagte JVA-Leiterin Reina Blikslager nach dem rund zweistündigen Großeinsatz der Polizei. Der Hinweis sei aber sicher kein Täuschungsmanöver gewesen. "Wir haben ihn sehr ernst genommen", sagte Blikslager. Nach dem Tipp organisierte die Gefängnisleitung mit der Polizei die Durchsuchungsaktion. Für die Vollzugsbeamten allein wäre das Areal zu groß gewesen.
Waffen im Knast - das erschlägt jedes noch so ausgefeilte Sicherheitssystem. In Aachen muss der Hinweis auf die scharfe Waffe wie ein Déjà Vu wirken: Zur Flucht des Geiselgangsters Michael Heckhoff und des Mörders Peter Paul Michalski im November vergangenen Jahres soll ein Vollzugsbeamter den beiden eine Schreckschusspistole besorgt haben. Die drei Männer stehen zurzeit in Aachen vor Gericht.
Dass Drogen, Computerspiele und Handys in Gefängnisse geschmuggelt werden, wundert die Staatsanwaltschaft nicht mehr. Immer wieder gibt es Ermittlungen. "Das sind Verfahren, die hat es immer gegeben, die gibt es und die wird es immer geben", sagte der Aachener Oberstaatsanwalt Robert Deller. "Dass Waffen geschmuggelt werden, habe ich erstmals im Zusammenhang mit Heckhoff und Michalski gelesen", erklärte er.
Der Fall Heckhoff und Michalski lastet wie eine Hypothek auf die JVA. Seit der spektakulären Flucht der beiden Schwerverbrecher steht der Aachener Knast unter ständiger verschärfter öffentlicher Beobachtung. Von "katastrophalen Missständen" war die Rede.
Anschließend gab es eine Reihe vergleichsweise kleinerer Zwischenfälle: Ein Gefangener attackierte Wärter, bei einem Vollzugsbeamten wurde nach Drogen gesucht, bei einer Rangelei verletzten sich Mitarbeiter , als sie die Kontrahenten trennten - und jetzt der Großeinsatz.
In anderen Gefängnissen wären die kleineren Zwischenfälle wohl kein Thema gewesen. Aber nach dem Ausbruch liege der Fokus der Öffentlichkeit auf Aachen, sagte der Sprecher des NRW-Justizministeriums, Ulrich Hermanski.. "Und alles, was da möglicherweise von Interesse ist, erhält ein ganz anderes Gewicht als in einer anderen Anstalt."
Bis November 2009 hatte die JVA eine makellose Bilanz. Bis auf die jährlichen Pressegespräche gab es nicht viel zu berichten. Erst einige Monate vor dem Ausbruch hatte Reina Blikslager die Leitung übernommen, eine zurückhaltend wirkende Frau mit viel Erfahrung im Vollzug.