K2: Lawine reißt elf Bergsteiger in den Tod
Nach dem Unglück am zweithöchsten Berg der Welt wird Kritik laut: Immer mehr unerfahrene Alpinisten begeben sich im Hochgebirge in Gefahr.
Islamabad (dpa). Das bislang schwerste Unglück am "Schicksalberg" K2 im Himalya hat elf Alpinisten das Leben gekostet. Der pakistanische Tourismus-Staatssekretär Shahzad Qaiser sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa am Montag nach einem Krisentreffen in Islamabad, auch der Tod eines Franzosen und eines weiteren Pakistaners seien inzwischen bestätigt. Außerdem waren drei Koreaner, zwei Nepalesen, ein Norweger, ein Serbe, ein Ire und ein Pakistaner am vergangenen Wochenende am zweithöchsten Berg der Erde im westlichen Himalaya ums Leben gekommen. Inzwischen werde niemand mehr an dem 8611 Metern hohen Berg vermisst, sagte Qaiser. An den Alpinisten wurde Kritik laut.
""Ruhmsucht und übertriebener Ehrgeiz"
Der Präsident der pakistanischen Bergsteigervereinigung, Nazir Sabir, sagte am Montag, das Unglück hätte verhindert werden können, wenn die Alpinisten nicht so spät aufgestiegen wären. "Es ist sonderbar, wirklich sonderbar, dass sie da so spät am Nachmittag waren." Sabir hat den K2 und den Mount Everest, den mit 8848 Metern höchsten Berg der Welt, bestiegen. Der Schwede Fredrik Sträng (31) sprach von "Ruhmsucht und übertriebenem Ehrgeiz" bei den Bergsteigern. Sträng hatte seinen eigenen Aufstieg am K2 zusammen mit einem weiteren Alpinisten vor der Unfallserie abgebrochen und später bei der Bergung von Verletzten und Toten geholfen.
Sträng sagte am Sonntagabend im TV-Sender SVT über den Massenaufstieg zwei Tage zuvor: "Das war wie der Marsch der Lemminge. Man glaubte ganz einfach, dass der an der Spitze schon wissen würde, was er tut." Er kritisierte, dass unerfahrene Bergsteiger bei ihrem Bestreben, den 8611 Meter hohen Gipfel zu erreichen, die Notwendigkeit eines gesicherten Abstiegs vernachlässigt hätten. "Einige kamen ja noch um 20 Uhr abends am Gipfel an. Da war es schon dunkel, und sie mussten oben übernachten." Der K2 im Karakorumgebirge im westlichen Himalaya gilt unter Bergsteigern wegen seiner steilen Wände als schwierigster Achttausender.
Ein Italiener ist noch auf dem Weg ins Basislager
Staatssekretär Qaiser sagte am Montag, ein Italiener sei noch auf dem Weg zum Basislager, man stehe mit ihm in Kontakt. Ein zweiter Italiener habe das Lager bereits erreicht. Der Sprecher des Flugrettungsdienstes Askari Aviation, Mohammed Ilyas, erklärte, zwei niederländische Bergsteiger, die Erfrierungen erlitten hatten, seien mit einem Hubschrauber ausgeflogen worden. Qaiser sagte, ihnen müssten wegen der Erfrierungen möglicherweise Gliedmaßen amputiert werden. Insgesamt seien zum Zeitpunkt des Unglücks 15 Bergsteiger am Unglücksort am K2 unterwegs gewesen.
Den Alpinisten hatte eine Eislawine auf rund 8200 Metern Höhe am Freitag den Rückweg abgeschnitten. Mehrere von ihnen wurden dann am Samstagmorgen von einer mächtigen zweiten Lawine mitgerissen, während sie nach Möglichkeiten für den Abstieg suchten. Mindestens zwei weitere Bergsteiger waren bereits kurz zuvor abgestürzt. Unter den Toten seien auch vier Träger aus Pakistan und Nepal, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Zwei von ihnen seien ums Leben gekommen, als sie versuchten, ihren unterhalb des Gipfels festsitzenden Kunden zu helfen. Sie seien zusammen mit ihnen abgestürzt. Die anderen beiden starben in der zweiten Lawine.
Eltern des verunglückten Norwegers wollen keine Bergung der Leiche
Die Eltern des am K2 umgekommenen Norwegers Rolf Baes erklärten gegenüber Osloer Medien, sie wünschten keine Bergung der Leiche. "Es soll niemand sein Leben dafür riskieren", sagte der Vater Jakob Bae. Der 33 Jahre alte Sohn sei bei der Beschäftigung ums Leben gekommen, die ihm wichtiger gewesen sei als alles andere. Die ebenfalls an der K2-Besteigung beteiligte Ehefrau des Norwegers gelangte unversehrt ins Basislager.
Vor knapp zwei Wochen waren am Nanga Parbat zwei Südtiroler Extrembergsteiger gerettet worden. Ein weiterer Alpinist, der Südtiroler Karl Unterkircher, war zuvor beim Aufstieg in eine Gletscherspalte abgestürzt und ums Leben gekommen.
Das jüngste Drama am K2 weckte Erinnerungen an die bekannteste Himalaya-Tragödie der vergangenen Jahrzehnte. Im Mai 1996 waren am Mount Everest an einem einzigen Tag neun Bergsteiger verschiedener Kletterteams in einem Schneesturm ums Leben gekommen. Seither stehen kommerzielle Expeditionen auf die Achttausender der Erde immer wieder in der Kritik. Die Unerfahrenheit der Alpinisten und die Unfähigkeit, sich auf neue Situationen oder einen plötzlichen Wetterumschwung einzustellen, tragen Experten zufolge zu derartigen Tragödien bei.