Konjunktur: Stahl - Wie Phönix aus der Asche

Die Schwerindustrie im Revier ist noch lange nicht am Ende: Auf dem Weltmarkt explodieren die Preise für Stahl – und in Duisburg geht ein neuer Hochofen in Betrieb.

Duisburg. Wer die Autobahn 42 an der Abfahrt Beeck verlässt und auf die Kaiser-Wilhelm-Straße einbiegt, fährt zurück in die Zukunft. Auf der rechten Seite tauchen die Kulissen von Schimanski-Krimis auf. Eine Trinkhalle, vor der Männer mit Bierflaschen lungern, rußige Fassaden, verbarrikadierte Eingänge. Ganze Straßenzüge warten in Duisburg-Bruckhausen auf den Abriss.

Zur Linken liegt die Stadt der tausend Feuer. Ein Konglomerat aus High-Tech und Schrott, Türmen und Erzgebirgen. Ein Ungetüm aus Schloten, Röhren und Walzwerken, aus Koksbatterien und Kühltürmen, aus Wasserdampf und Eisenglut.

Viele Menschen werden sie dazu nicht brauchen. Im Reich der Giganten haben Roboter die Steuerung übernommen, kontrolliert nur von wenigen Randfiguren aus Fleisch und Blut, die in ihren Monturen wie behelmte Mikroorganismen wirken. In der Mitte des vergangenen Jahrhunderts arbeiteten einmal mehr als 50000Beschäftigte auf dem Gelände. Jetzt sind es noch 2500.

Hinter dem Werkszaun beginnt ein 70Kilometer langes Straßennetz, über das Schwertransporte wie monströse Insekten dröhnen. 300 Kilometer Schienen verbinden Hochöfen, Stahlwerke, Kokerei und Erzhafen. Ein Kosmos, der mit seinen neun Quadratkilometern 18Mal so groß ist wie die Düsseldorfer Altstadt.

Wie lange wird das zweite goldene Zeitalter des Stahls dauern? Schon gibt es Propheten des Niedergangs, die orakeln, der Boom werde im Jahr 2010 in eine Phase der Überproduktion münden. Denn China lernt schnell: Im Jahr 2006 hatte die Volksrepublik erstmals mehr Stahl exportiert als importiert, und auch die Konkurrenz aus Russland und Brasilien rüstet auf.

Aber Thyssen-Krupp hält dagegen, insbesondere in Brasilien. Am Stadtrand von Rio de Janeiro entsteht bis 2009 eine gigantische Stahl-Fabrik, die besonders billig produziert, weil das Erz jenseits der Werksmauern im Boden liegt. Thyssen-Krupp-Sprecher Erwin Schneider verbreitet denn auch Optimismus. "Es gibt auch im 21.Jahrhundert keine Alternative zum Stahl", sagt er und verweist auf den Boom der asiatischen Schwellenländer.

Vor allem in China, aber auch in Indien wuchern die Mega-Citys aus Stahlbeton in den Himmel. Über deren Asphalt-Trassen wälzen sich immer gewaltigere Blechlawinen, und die Motorisierung der Massen hat gerade erst begonnen.

Konzern Der Stahl-Gigant entstand 1999 aus den beiden Traditionsunternehmen Krupp und Thyssen. Er ist der größte Stahlproduzent Deutschlands und nach Arcelor (Luxemburg) der zweitgrößte in Europa.

Investitionen In Brasilien baut der Konzern derzeit Hochöfen und Hafenanlagen für drei Milliarden Euro. Außerdem wird in Nordamerika ein Stahlwerk für mindestens zwei Milliarden Euro gebaut, um den Großteil des Eisens weiterzuverarbeiten. In seinem Stammwerk in Duisburg investierte Thyssen-Krupp 340 Millionen Euro.