Kulturkanal: Arte will besser ankommen

Den Sender plagt ein Problem: Er genießt hohes Ansehen, hat in Deutschland aber kaum Publikum. Das soll sich ändern.

Düsseldorf. Fernsehen ist mies. Es verdirbt die Kinder, macht Jugendliche aggressiv und Erwachsene apathisch. Wer nicht früh abschaltet, verblödet. Aber ein von unbeugsamen Galliern und Teutonen bevölkerter kleiner Sender hört nicht auf, den Aufdringlingen Widerstand zu leisten. Wie gut, dass es 2008 n.Chr. Arte gibt! Hier erhält man noch, deutsch-französische Freundschaft inklusive, für eine moderate Gebühr Kultur im Überfluss.

Arte finden irgendwie alle klasse - gerade diejenigen, die es mit dem Fernsehen sonst nicht so haben. Es handelt sich allerdings um ein vergiftetes Lob, denn wie exzellent ist wohl ein Fernsehprogramm, wenn man es nur vom Hörensagen kennt? Laut Umfrage ist Arte der Sender mit dem besten Image in Deutschland.

Dabei stößt Arte auch 15 Jahre nach dem Sendestart auf ein überschaubares Interesse. Immerhin: Es geht aufwärts. Gerade freut man sich in Straßburg, dass man die Zuschauerzahl zwischen 19 und 23 Uhr in Deutschland nahezu verdoppelt habe - bei einem Marktanteil von 0,9 Prozent (in Frankreich: 3,4). Ausgerechnet über Arte die Quotenkeule zu schwingen, ist natürlich unfair. Die bescheidene Resonanz liegt einmal in der Natur eines "Europäischen Kulturkanals", von dem einst die Händchen haltenden Staatschefs Helmut Kohl und Francois Mitterand geträumt hatten. "Europäisch" und "Kultur" sind aber zwei extrem minderheitentträchtige Züge. Zum anderen hat sich die Idee einer gemeinsamen Öffentlichkeit als Illusion erwiesen. Sprachbarrieren und nationale Perspektiven lassen sich nur mühsam überwinden.

Was Arte in guten Stunden auszeichnet, ist der schräge Blick, die exzellente Form und der Mut zum Risiko. Hier gibt es noch Kurzfilme und lange, nicht auf 45 Minuten zurechtgestutzte Dokumentarfilme. Einmal im Monat reist der Sender zurück in die Stummfilm-Ära. Alles ist möglich, Spontaneität siegt über verquaste Kultur-Rhetorik.

Arte hat keine Aushänge-Gesichter, dafür Themenabende, dreimal in der Woche! Kein anderer Sender nimmt sich so viel Zeit, um dem Publikum den Konflikt in Darfur zu erklären. Herzlichen Dank nochmals für den wunderbaren, nicht enden wollenden "Summer of love" 2007. Aber Lob gibt’s ja, nur nicht Aufmerksamkeit. Leider.

Gründung 30. April 1991; Sendestart: 30. Mai 1992

Gesellschafter: Arte Frankreich und Arte Deutschland, das jeweils zur Hälfte von ARD und ZDF getragen wird. Beide Arte-Gesellschafter liefern je 40 Prozent Programm, der Rest stammt von der Arte-Zentrale in Straßburg. Etat: 352 Millionen Euro (2005) durch Rundfunkgebühren.

Präsident: Gottfried Langenstein, zugleich 3sat