Libyen: Die zwei Gesichter des Gaddafi junior
Der Nachkomme des Diktators, Saif al-Islam, gibt Folterungen von Gefangenen zu, wünscht sich aber zugleich mehr Demokratie für sein Land.
<strong>Istanbul. Es war ein Geständnis, das die Welt aufhorchen ließ. Mit seinen freimütigen Einlassungen am vergangenen Freitag zum Schicksal der fünf bulgarischen Krankenschwestern und des palästinensischen Arztes, die in seiner Heimat mehr als acht Jahre lang als Sündenböcke herhalten mussten, lehnt sich der Sohn des libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi aus dem Fenster. Offen spricht er darüber, dass die Ausländer, denen man in Tripolis bis heute offiziell vorwirft, sie hätten 460 Kinder absichtlich mit dem HI-Virus infiziert, in libyscher Haft gefoltert wurden.
Die Lässigkeit bei seinen Geständnissen schockiert
Womöglich ist die lapidare Erwähnung dieses menschenrechts-verletzenden Themas dem Selbstverständnis des Mannes geschuldet. Saif al-Islam al-Gaddafi gefällt sich in der Rolle des Dandys, der nach einem entspannten Tag auf der Yacht Millionengeschäfte und Vereinbarungen mit Regierungen aushandelt und nebenbei non-chalant derlei pikante politische Details ausplaudert. Dass sich in einem arabischen Land, das keine Monarchie ist, der Sohn des Staatschefs als starker Mann präsentiert, ist nicht ungewöhnlich.
Der Syrer Baschar al-Assad hat es vorgemacht. Und auch Gamal Mubarak, der ägyptische Präsidentensohn, ist inzwischen der Wortführer in der Partei seines Vaters.
Was an den Auftritten des Gaddafi-Sohnes schockierend wirken mag, ist die Lässigkeit bis hin zum Zynismus, die Saif al-Islam in Interviews mit westlichen Medien an den Tag legt, wenn er über Folter und Rüstungsgeschäfte spricht - Themen, die von arabischen Politikern sonst meist umschifft werden.
Doch auch wenn Gaddafis 35 Jahre alter Sohn, der als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge an der Spitze des nordafrikanischen Staates gilt, einen etwas schrillen Stil pflegt - im Vergleich zu seinem Vater, den der frühere ägyptische Präsident Anwar el Sadat einst "den Verrückten aus Libyen" nannte, wirkt der Absolvent einer Londoner Universität geradezu nüchtern und pragmatisch.
Anders als der Vater, dem er nicht ähnlich sieht, mag er weder stundenlange dogmatische Reden noch farbenprächtige Gewänder. Im Gegensatz zu seinem zwei Jahre jüngeren Bruder, der in Europa als Raser und Trunkenbold schon mehrfach Ärger mit der Polizei hatte, ist Saif al-Islam bislang auch nicht durch größere Skandale aufgefallen.
Geschwister Saif al-Islam al-Gaddafi ist das zweite von insgesamt acht Kindern (Sieben Jungen, ein Mädchen) des libyschen Staatschefs, Muammar al-Gaddafi.
Al-Saadi Gaddafi Der drittälteste Sohn Muammar al-Gaddafis ist für seine Liebe zum italienischen Fußball und seine Versuche, in der Serie A ein Engagement als Spieler zu bekommen, bekannt. Zwei Jahre spielte er beim AC Perugia, wo er es nur zu einem 15-minütigen Einsatz brachte. Es folgte ein Engagement bei Udine, wo es auch nur zu einem Kurzeinsatz kam. Seit November 2006 ist er bei Sampdoria Genua, wo er nur mittrainieren darf.