Lieber Gutmensch als Giftzwerg

ZDF-Moderator Peter Hahne über seinen Ruf als Moralapostel und seinen Neuanfang als Talkmaster.

Herr Hahne, Ihren Job als stellvertretender Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios und damit auch die Moderation von "Berlin direkt" haben Sie verloren, dafür bekommen Sie eine neue Talkshow. Was ist da angemessener: Glückwünsche oder Beileidsbezeugungen?

Hahne: Natürlich habe ich eine spannende Sendung verloren, und ich mochte es sehr, unmittelbar aktuell zu arbeiten, täglich an der Front zu stehen. Sie können mich trotzdem beglückwünschen, denn ich bin Leiter einer Talkshow, die meinen Namen trägt. Und ich freue mich, dass ich ein ganz neues Format machen kann.

Hahne: Ob das jetzt eine Sache der politischen Farbenlehre ist - ich glaube, so interessant bin ich gar nicht. Ich sehe mich weder als Verlierer noch als Opfer, sondern als Gewinner. Das Leben ist kein Wunschkonzert, und dennoch hat das ZDF mir einen Wunsch erfüllt, nämlich dass ich in Berlin bleiben kann, in dieser pulsierenden Stadt, dem politischen und gesellschaftlichen Zentrum des Landes.

Hahne: Im Gegenteil: ein guter Sendeplatz! Um 13 Uhr muss ich mit keinem ähnlichen Format konkurrieren, und um die Zuschauerzahl meines Vorprogramms würde sich manche andere politische Talkshow reißen. Natürlich ist es eine Herausforderung für mich, dieses Massenpublikum zu halten, und die Frage ist in der Tat, ob die Zuschauer nach dem "Fernsehgarten" bereit sind, sich um diese Zeit so etwas Konzentriertes anzuhören.

Hahne: Ich glaube, man kann auch persönliche Aspekte reinbringen, ohne dass das seicht wird. Wenn wir zum Beispiel Roland Koch nach seinem Rücktritt als Ministerpräsident im Studio hätten, ginge es nicht darum, dass er noch einmal erklärt, ob in der CDU jetzt eine wichtige Farbe fehlt. Wir würden eher das Ehepaar Koch einladen und die Gattin fragen, was der Rücktritt ihres Mannes für sie bedeutet.

Hahne: Nach den vielen Sommerinterviews mit den wichtigsten Politikern und den Kontakten, die ich im Lauf der Jahre knüpfen konnte, glaube ich, dass die Spitzenleute auch zu mir kommen. Aber es muss ja gar nicht immer der politische Entscheider sein. Wenn am Freitag der Rektor des Canisius-Kollegs in Berlin die ersten Missbrauchsfälle bekannt gibt, hätte ich den gerne in meiner Sendung, bei einem Thema wie der Sicherungsverwahrung könnte man jemanden aus der Praxis befragen, etwa einen Gefängnisdirektor.

Hahne: Spott stecke ich weg, und Satire ist ja sowieso nur möglich, wenn das Objekt der Ironie 90 Prozent der Menschen bekannt ist - insofern ist das ein Kompliment für mich. Außerdem sage ich mir immer: lieber Moralapostel und Gutmensch als Giftzwerg. Wenn ich mit meiner neuen Sendung die Reichweite eines Apostels wie Paulus erreiche, dann muss ich mir über schlechte Quoten jedenfalls keine Sorgen machen.