Loriot: Der Meister des feinen Humors
Porträt: Loriot wird 85 Jahre alt: Ob Jodelschnepfe oder Herren-Boutique in Wuppertal - seine Sketche altern nicht.
Berlin. Als Vicco von Bülow mal gefragt wurde, was er denn an der Hotelrezeption als Beruf einträgt, sagte er: "Zunächst einmal bin ich ratlos. Ich stehe eine Weile dort, kaue am Bleistift und schreibe dann einfach ,Loriot’ hin."
Einfach ist bei dem Mann, der heute 85 Jahre alt wird, zeitlebens aber gar nichts gewesen. Seine Eltern ließen sich scheiden, als er vier Jahre alt war, der Junge wuchs bei der Großmutter in Brandenburg auf. Nach dem Notabitur mit 17 Jahren gab es für den Offizierssohn keine Alternative zum Militärdienst. Drei Jahre war Vicco von Bülow an der Ostfront. Nach dem Krieg verdiente er zunächst als Holzfäller Geld, bis ihn sein Vater - erstaunlicherweise genug für einen Mann aus altem mecklenburgischen Adelsgeschlecht - zum Besuch der Kunstakademie ermunterte. Und da fing seine Karriere als Loriot mit den Knollnasen-Männchen an.
Er hat immer genau ins volle bürgerliche Leben - auch das eigene - hineingesehen. Seine Sketche, Cartoons und die Filme "Ödipussi" und "Pappa ante Portas" zeigen die große Geste und das kleine Missgeschick, den hohen Anspruch und die raue Wirklichkeit des Alltags, die Menschen um den letzten Nerv bringen.
Der ordnungsliebende Mann im Anzug will nur ein schiefes Bild an der Wand gerade rücken und löst in präziser Stolper-Choreografie ein Maximum an Chaos aus. Ein süßer, aber unteilbarer Kosakenzipfel sprengt die Freundschaft zweier Ehepaare ("Jodelschnepfe"). Eine im Gesicht klebende Nudel zerstört ein vielversprechendes Rendezvous: "Sagen Sie jetzt nichts, Hildegard."
Der Lottogewinner ist sich nicht mehr sicher, ob er überhaupt Erwin Lindemann heißt, aber seine Tochter macht mit dem Papst eine Herren-Boutique in Wuppertal auf. Auch dafür wurde Vicco von Bülow 2001 von der Wuppertaler Universität zum Ehrendoktor ernannt. Einer seiner Lieblingssätze darf auch nicht fehlen: "Männer und Frauen passen eigentlich nicht zusammen." Dabei ist er seit 59Jahren verheiratet. Zwei Töchter hat er auch. Und der achte Mops im Folge, Emil, lebt mit in der Berliner Wohnung und dem Haus am Starnberger See.
Loriot ist ein Mann vieler Talente. Er erfand Wum und Wendelin, er dirigierte die Berliner Philharmoniker und inszenierte die Opern "Martha" und "Freischütz".
Mit seinen TV-Sketchen hat er vor 30 Jahren aufgehört, doch altmodisch sind sie längst noch nicht. Allensbach hat gerade per Umfrage klären lassen, dass 92 Prozent der Deutschen Loriot kennen und 70 Prozent seine Filme immer noch gern sehen. Ein Grund zum Feiern ist auch das für Herrn von Bülow nicht. Denn er feiert nicht gern, erst recht keine runden Geburtstage: "Das macht nur Umstände." So schlagen wir eben vor, dass zur Feier des Tages endlich mal die Ente zu Wasser gelassen wird.