Sportstudie: Kindern fehlt die richtige Bewegung

Erzieher und Lehrer sind häufig falsch ausgebildet.

Essen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) brachte mit einem Satz auf den Punkt, was Sportwissenschaftler auf 500 Seiten beschrieben: "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr."

Mit Blick auf den "Zweiten Deutschen Kinder- und Jugendsportbericht" heißt das: Wer nicht schon als Kind die Grundlagen vermittelt bekommt, wird sich auch später nicht durch Sport fit halten.

Dabei geht es dem von der Essener Krupp-Stiftung initiierten Projekt nicht um den Aufstieg vom Talent zum Weltmeister, sondern um das Erlernen motorischer Grundlagen, das Miteinander der Kinder und um ein gesundes Leben.

"Die Kinder sollen sich viel bewegen, am besten täglich", ist die Kernaussage des Berichts - in der Freizeit, im Kindergarten und in der Schule, und zwar unter Anleitung ausgebildeter Erzieher, Lehrer und Trainer im Verein.

Gerade da liegt einiges im Argen. Kaum ein Erzieher im Kindergarten habe eine vollständige Ausbildung erhalten, wie er sportliche Bewegung vermitteln soll. An Grundschulen leiteten meist fachfremde Lehrer den Sport, im Verein werde manchmal der Hochleistungsgedanke in Kinderjahren übertrieben.

Das wollen die Sportwissenschaftler ändern. Der Leiter des Kindersportberichts, der Essener Prof. Werner Schmidt, schaut auf die Nachbarländer in Europas Norden. Sie liegen in Vergleichen vorn, auch im Sport. "Die Skandinavier investieren drei- bis viermal mehr im Grundschulbereich.

Auch in den Kindergärten haben die Erzieher viel mehr Möglichkeiten, weil allein schon mehr ausgebildetes Personal zur Verfügung steht", sagt Schmidt. In Deutschland geht es zumindest im Kindergarten voran. Es gibt sogenannte Bewegungskindergärten - 100 allein in NRW.

Beim Thema Schulsport zucken dagegen selbst Lehrer mit den Achseln. "Wir fahren die Kinder mit dem Bus zur zehn Kilometer entfernten Schwimmhalle, lassen sie zehn Minuten ins Wasser und fahren sie dann wieder zurück", erzählt der Rektor einer Dortmunder Schule.

"Wer sich mehr bewegt, ist auch in der Schule besser und legt ein besseres Sozialverhalten an den Tag", mahnt der Sportbericht. "Warum", so fragt sich Schmidt, "sind nicht alle Sportangebote umsonst?" So manche auf Hilfen angewiesene oder kinderreiche Familie könne sich keinen Vereinsbeitrag leisten.

Eine Studie der Berliner Humboldt Uni untermauert Annahmen über positive Auswirkungen von Bewegungsangeboten im Vorschulalter. Nach zwei Jahren zusätzlichen Angebots hatten die Kinder weitaus bessere Fertigkeiten erlangt als eine Kontrollgruppe. Auch schnitten sie besser bei Blutdruckmessungen ab.