Entsorgung Mehr als 10.000 Tonnen Dreck - Autobahnen in NRW werden zu Müllkippen
Jährlich fallen fast 16.000 Tonnen Abfall an den Straßenrändern in NRW an - das meiste an Autobahnen. Die Entsorgung kostet Millionen.
Wuppertal. Es ist für Vielfahrer ein alltägliches Bild, das sich am Parkplatz Holtkamp an der A 46 nahe Wuppertal Oberbarmen bietet. Leere Getränkedosen, Chipstüten und benutzte Damenhygieneartikel liegen auf dem Gehweg und im Gebüsch verstreut. Wer sich während einer Autofahrt an einem Rasthof entlang der Autobahn ausruhen will, braucht bisweilen starke Nerven. Insbesondere in der Ferienzeit sammelt sich viel Müll an den Straßen in Nordrhein-Westfalen an. Und das, obwohl Straßen.NRW als Betreiber regelmäßig für die Reinigung sorgt. Die Straßenmeistereien haben jährlich mit Unmengen zu kämpfen: Rund 6000 Tonnen werden illegal entsorgt.
„An den Autobahnen ist das Problem fast am größten“, erklärt Gerd Dahmen von Straßen.NRW. Im Sommer häufen sich an den Straßenrändern und Parkplätzen Getränkedosen oder Plastikbecher. Rund 16 000 Tonnen Hausmüll fallen im Durchschnitt jährlich an den vom Landesbetrieb betreuten Strecken (Bundes- und Landstraßen sowie Autobahnen) an. „70 bis 80 Prozent der Müllmengen finden wir an den Autobahnen“, sagt Dahmen. Vor allem das Ruhrgebiet und die „Rheinschiene Süd“ rund um Köln und Bonn fallen immer wieder durch viel Abfall entlang der Straßen auf.
Besonders ärgerlich: Zehn bis 15 Prozent des Mülls auf Park- und Rastplätzen machen Fehlwürfe aus, bei denen der Unrat direkt neben den Eimern liegengeblieben ist.
Jährlich sind 80 000 Personenstunden nötig, um die Abfälle einzusammeln — das entspricht 50 Vollzeitarbeitskräften. Mitarbeiter von Straßen.NRW teilen sich die Aufgabe mit Kollegen von Fremdfirmen. In unmittelbarer Nähe von Rasthofrestaurants ist der jeweilige Betreiber für die Müllentsorgung zuständig.
Entlang der Strecken sammeln sie ein- bis zweimal pro Jahr — ebenso oft findet eine Reinigung der Parkplätze statt. Die Mülleimer an Rasthöfen werden zweimal in der Woche geleert, in den Ferien häufiger. „Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben uns gelehrt, im Sommer noch eine weitere Leerung durchzuführen“, sagt Gerd Dahmen. Durch die Säuberungsmaßnahmen entstehen dem Steuerzahler Kosten von knapp sieben Millionen Euro pro Jahr.
Dabei machen Dahmens Kollegen teils abenteuerliche Funde. „Wenn Imbissbesitzer ihre Speisereste oder Fritteuseabfälle entsorgen, wird es wirklich unappetitlich.“ Der Leiter einer Straßenmeisterei hat Dahmen zufolge einmal zu Protokoll gegeben, innerhalb einer Woche genug Möbel für die vollständige Ausstattung eines Wohnzimmers am Straßenrand zu finden.
Was komisch anmutet, ist für Vielfahrer ein echtes Ärgernis. Jürgen Berg ist in seiner Funktion als Verkaufsleiter einer Stuttgarter Firma regelmäßig auf den Autobahnen der Republik unterwegs. Auf dem Weg nach Gelsenkirchen macht er auf dem A3-Parkplatz Stindertal nahe Mettmann Rast: „Hier geht es. Ich habe schon ganz andere Sachen gesehen.“ Unter anderem sei er auf Waschmaschinen, Betten, Reifen und Kühlschränke gestoßen. „Die werden hier in der Nacht abgelegt — da können die Straßenbetriebe wenig gegen machen.“ Das Problem sei seiner Meinung nach nur durch Videoüberwachung zu lösen.
Mit dieser Idee hat sich auch Straßen.NRW bereits auseinandergesetzt. „Videoüberwachung im öffentlichen Raum ist per se ein schwieriges Thema“, betont Dahmen. Zudem hätten Feldversuche mit Kamera-Attrappen gezeigt, dass die abschreckende Wirkung nur gering ist. Abgesehen davon helfe es nur, Übeltäter auf frischer Tat zu ertappen.
Das Müll-Problem sei laut Dahmen vor allem ästhetischer Natur. Anders sehe es aus, wenn Gefahrstoffkanister am Straßenrand abgelegt werden. Etwa zwölf Tonnen gefährlicher Abfälle fallen auf diese Weise pro Jahr an. Beschränkt sich der Fund auf einzelne Kanister oder kleinere Mengen, transportiert die Straßenmeisterei die Ladung eigenständig zu Fachfirmen. Dort werden die Stoffe identifiziert und entsorgt. Bei größeren Mengen müssen die Spezialfirmen zum Fundort ausrücken und sich dem Problem vor Ort annehmen.