Mönchengladbach Anklage wegen versuchten Mordes - Prozess nach Brand im Flüchtlingsheim

Ein 21-jähriger Somalier muss sich ab dem 18. September wegen versuchten Mordes verantworten. Er soll das Feuer in der Asylbewerberunterkunft an der Carl-Diem-Straße gelegt haben.

Am 23. März löschte die Mönchengladbacher Feuerwehr den Brand in der Unterkunft.

Foto: Titz Theo

Mönchengladbach. Der Brand der Asylbewerberunterkunft an der Carl-Diem-Straße im März dieses Jahres kommt jetzt vor Gericht. Ab dem 18. September muss sich ein zur Tatzeit 21 Jahre alter Somalier wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung vor Gericht verantworten. Das jedenfalls wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Der Mann war Bewohner der Unterkunft und soll sie aus Frust angezündet haben.

Wie das Gericht am Donnerstag mitteilte, soll der Asylbewerber, dessen Asylantrag abgelehnt worden war, am 23. März aus Frust eine Stoffdecke in seinem Zimmer angezündet und diese dann auf sein Bett gelegt haben. Die Matratze stand demzufolge sofort in Flammen. Von dort aus breitete sich das Feuer rasch aus, in kurzer Zeit stand der gesamte Wohnblock der Unterkunft in Flammen. Als der Brand ausbrach, war etwa die Hälfte der zu dem Zeitpunkt rund 30 Bewohner in dem Gebäude. Nur weil die Sicherheitskräfte schnell handelten, wurde niemand verletzt. Der Angeklagte habe aber den Tod der anderen Bewohner billigend in Kauf genommen, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Der 21-Jährige selbst soll durch das Fenster geflüchtet sein. Er wurde noch am Tatort von der Polizei festgenommen.

Brand in Asylunterkunft in Mönchengladbach
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Brand in Asylunterkunft in Mönchengladbach

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An fünf Verhandlungstagen bis zum 28. September sollen 16 Zeugen aussagen — vor allem Polizeibeamte, Sicherheitskräfte und Mitbewohner der Unterkunft. Dann könnte vor Gericht auch zur Sprache kommen, ob das Feuer hätte verhindert werden können. Der Angeklagte befand sich nämlich in der Nacht vor dem Feuer im Polizeigewahrsam, weil er am Vorabend betrunken in der Unterkunft randaliert haben soll. Die Polizei habe ihn am nächsten Morgen gegen 7 Uhr wieder entlassen. In der Folge waren anonyme Anzeigen mit zahlreichen Detailkenntnissen gegen die Stadt und die Polizei Mönchengladbach bei der Staatsanwaltschaft eingegangen wegen der angeblichen „mittelbaren Beihilfe zur schweren Brandstiftung und zum versuchten Mord“.

Der Somalier soll seine Absicht, die Unterkunft anzuzünden, mehrfach vorab geäußert haben, auch gegenüber Polizeibeamten, hieß es in der Anzeige. Wie Staatsanwalt Stefan Lingens am Donnerstag sagte, sind die Ermittlungen gegen die Stadt eingestellt worden, weil kein Anfangsverdacht einer Straftat vorlag. Die Ermittlungen gegen die Polizei auf Grundlage der Anzeige allerdings laufen noch bei der Staatsanwaltschaft, sagte Lingens.

In den Vernehmungen bei der Polizei hatte der Angeklagte die Vorwürfe weitgehend eingeräumt. Er sei mit seiner gesamten Situation unzufrieden gewesen und habe den Brand gelegt, um seinem Leben ein Ende zu setzen. Ihm sei bewusst gewesen, dass weitere Bewohner in der Unterkunft waren, hieß es im März in einer Mitteilung von Staatsanwaltschaft und Polizei.

Der Verteidiger des 21-jährigen Angeklagten, der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Gerd Meister, war am Donnerstag nicht zu erreichen. Ein Gutachter wird den Prozess begleiten und feststellen, ob der Angeklagte schuldfähig war. Bisher gehen Staatsanwaltschaft und Richter davon nicht aus, sagte Gerichtssprecher Jan-Philip Schreiber.

Erstmals wurden am Donnerstag auch Details zum Angeklagten bekannt: Der Somalier war Anfang 2014 mit dem Schiff über Libyen nach Europa geflohen und kam im März 2014 in Deutschland an. Wann er nach Mönchengladbach kam, war am Donnerstag noch offen. Klar ist aber, dass er zunächst in Neuwerk in einer Flüchtlingsunterkunft gewohnt hatte und dann ins Heim an der Carl-Diem-Straße umzog. In der Unterkunft lebte er allein. Ob er aber Verwandte in Deutschland hat, ist nicht klar.

Der Somalier war dem Landgericht zufolge schon mehrfach polizeilich aufgefallen: Im Juni 2016 wurde er vom Amtsgericht Rheydt unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt — als der Brand im Volksgarten ausbrach, lief noch die Bewährung. Außerdem laufen gegen den 21-Jährigen beim Amtsgericht Mönchengladbach weitere Anklagen wegen Körperverletzungs- und Drogendelikten vor dem Jugendschöffengericht.

Seit dem Feuer Ende März wohnt niemand mehr in der Unterkunft am Volksgarten. Die Bewohner wurden damals auf andere Einrichtungen verteilt. Die Wohnanlage bestand aus zwei Containern, von denen einer völlig ausbrannte. Der zweite Wohntrakt steht noch, ist aber durch das Feuer ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden, hieß es am Donnerstag bei der Stadt. 140 Flüchtlinge könnten dort unterkommen. „Man könnte ihn wieder herrichten, das ist aber noch nicht geschehen“, sagte Stadtsprecher Wolfgang Speen. Der Platz wird im Moment schlicht nicht gebraucht.