Schmölderpark: Mieter klagen über LEG
Das Immobilienunternehmen nehme sie mit den vielen gemeldeten Mängeln im Haus nicht ernst, sagen sie.
Ingeborg Lamerz sitzt auf dem Sofa, die Hände auf dem Schoß gefaltet, den Rücken gerade, der Blick aufmerksam — und fängt plötzlich an zu weinen. Nachbarin Renate Hartmann reibt ihr den Rücken. Nachbar Stefan Jensen tätschelt das Knie. „Ach Inge“, sagt Sascha Schönfeld.
Die vier Nachbarn aus der Hochhaussiedlung am Schmölderpark sind wütend. Sie kämpfen dagegen, im Winter ohne warme Heizung dazustehen, Freunde um Erlaubnis fragen zu müssen, ob sie bei ihnen heiß duschen können, und dagegen, niemanden zu haben, an den sie sich wenden können.
Ihr Gegner ist das 2008 privatisierte Immobilienunternehmen LEG, dem die Plattenbausiedlung am Schmölderpark seit einigen Jahren gehört. Die ehemalige landeseigene Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) NRW komme ihren Pflichten nicht nach, beklagen die Mieter. Wohnen am Schmölderpark müsse wieder attraktiv werden. „Ich habe das Gefühl, die LEG will vermieten, alles andere ist egal“, sagt Stefan Jensen.
Umziehen möchten die vier nämlich nicht. Und leisten könnten sie sich das auch nicht. Auf den günstigen Wohnraum sind die vier angewiesen. Ihre Biografien: ein ganz normales Leben. „Ich war nie arbeitslos“, sagt Renate Hartmann, „ich zahle jeden Monat brav meine Miete — aber dafür erwarte ich auch was.“
Die Wohnanlage am Schmölderpark wurde Anfang der 70er Jahre gebaut. Seitdem ist sie innerlich und äußerlich in die Jahre gekommen. Damals seien die günstigen Ein-bis Vierraumwohnungen als beste Wohnlage angepriesen worden, erinnert sich Renate Hartmann, die seit den 80er Jahren dort zu Hause ist. „Das war ein tolles Wohnen. Hier haben feine Menschen gelebt.“
Heute inspizieren die Mieter, bevor sie Besuch bekommen das Treppenhaus — ob auch ja alles sauber ist. „Seitdem ich hier wohne wurde vielleicht dreimal richtig geputzt“, sagt Sascha Schönfeld. Anders sieht das die LEG: „Die Treppenhäuser werden regelmäßig gereinigt“, teilt das Unternehmen mit. Beschwerden dagegen lägen nicht vor. „Wir können niemanden mehr einladen“, sagt auch Ingeborg Lamerz, die seit mehr als zehn Jahren dort wohnt. Eine gute Adresse sei die Eibenstraße heute nicht mehr. Taxifahrer reagierten überrascht: „Was? Hier wohnen Sie?“
Am meisten aber bedrückt die Mieter am Schmölderpark, mit ihren währenden Anklagen von der LEG nicht ernst genommen zu werden. Sie berichten von genervten, wenig hilfsbereiten Gesprächspartnern, die sich stellenweise unverschämt äußern oder das Gespräch unvermittelt beenden würden. „Sie haben doch einen Backofen“, habe ein Service-Mitarbeiter entgegnet, sagt Sascha Schönfeld, „warum heizen Sie nicht damit?“
Mutmaßliche Aussage eines Service-Mitarbeiters der LEG
Zu Renate Hartmann habe man gesagt: „Sie klingen so alt, kaltes Wasser müssten Sie doch gewohnt sein“, erzählt die 66-Jährige. Duschen könne man schließlich auch in öffentlichen Schwimmbädern. Die LEG teilt mit, man bedauere die Unannehmlichkeiten. Das Unternehmen habe sich neu aufgestellt und ein zentrales Service-Center eingerichtet. Anlaufprobleme seien dabei unvermeidbar gewesen. Die Erreichbarkeit habe man inzwischen aber deutlich verbessern können. Für die vier bleibt es dabei: Die Hochhaussiedlung ist zu einem Ort verkommen, an dem sie sich nicht mehr nur nicht wohlfühlen, die kalten Wohnräume greifen auch ihre Gesundheit an. „Ich bin schon wieder erkältet“, sagt Ingeborg Lamerz und fasst sich an den Hals, um den sie einen Seidenschal gewickelt hat. „Wenn ich euch nicht hätte“, sagt die 84-Jährige und schluchzt ein letztes Mal tief. Dann lächelt sie wieder. Sorge bereitet vor allem der nächste Winter. „Ich habe schon richtig Angst, dass wir wieder ohne Heizung auskommen müssen“, sagt sie. „Das wäre furchtbar. Mein Mann ist 87, er ist krank und ich pflege ihn. Stellen Sie sich das einmal vor: Ohne warmes Wasser, ohne Heizung!“
Schon im vergangen Winter sei die Heizungsanlage defekt gewesen, erzählen die Bewohner. Die Probleme seien der LEG bekannt, man arbeite an einer „vollständigen Reparatur“, heißt es. Vor wenigen Wochen hat das börsennotierte Unternehmen außerdem angekündigt, noch in diesem Jahr 4,55 Millionen Euro in die Modernisierung und Wärmedämmung von 334 Wohnungen in Mönchengladbach stecken zu wollen. Auch die Gebäude am Schmölderpark sollen je nach Standort unter energetischen Gesichtspunkten mit unterschiedlichen Maßnahmen modernisiert werden.
Maßnahmen, die längst überfällig seien, beklagen die Mieter. Fenster seien undicht, am Balkon von Sascha Schönfeld bröckelt der Putz ab, die Klingelanlage sei defekt, die Grünanlagen ungepflegt, stellenweise bilden sich kleine Müllhaufen in der Anlage, im Treppenhaus fehle der vorgeschriebene Feuermelder, im Keller fehle Licht.
Mutmaßliche Aussage eines Service-Mitarbeiters der LEG
Um nur einige der Mängel zu nennen, die die Mieter der LEG Immobilien in Mönchengladbach beanstanden. Die reagiert: Dass regelmäßig Müll in den Anlagen liege, sei bekannt. „Dafür haben wir ein externes Fachunternehmen mit einem konsequenten Müllmanagement beauftragt.“ Ein weiteres Unternehmen habe den Auftrag erhalten, die Grünanlagen zweimal wöchentlich zu reinigen. Und weiter: Defekte oder fehlende Einrichtungen kämen am Schmölderpark leider häufiger vor. Hierbei handele es sich meist um Vandalismus. Im Sinne der Sicherheit der Mieter würden Feuermelder und Klingelanlage selbstverständlich zeitnah ersetzt.
Im Treppenhaus klatscht ein Junge einem kleinen Mädchen die flache Hand ins Gesicht. Die Vorstellungen in der Siedlung gingen weit auseinander, sagt Sascha Schönfeld, was Kindererziehung, Sauberkeit und Ruhezeiten angehe. Auch das werde zunehmend zum Problem.
Von der LEG erwarten sie deshalb auch, dass sie für ein regelkonformes Zusammenleben sorge. „Wir wollen uns hier wieder wohlfühlen“, sage die vier. Auch günstiges Wohnen müsse angenehm sein.