Mexiko-City, die Geisterstadt
Mexiko: In großen Teilen des Landes liegt das Leben lahm. Aus Furcht vor dem Virus trauen sich die Menschen nicht raus.
Mexiko-Stadt. Auf das gefährliche Virus folgte das schwere Erdbeben. Doch den unsichtbaren Angreifer - den Erreger der Schweinegrippe - fürchten viele Menschen mehr als die Erdstöße, die die mexikanische Hauptstadt am Montag erschütterten. "Die Schweinegrippe ist schlimmer als ein Erdbeben", sagt der Bankangestellte Miguel Rodriguez, als er mit bleichem Gesicht auf der Avenida Reforma steht.
"Vor dem Erdbeben kann man sich in Sicherheit bringen." Er hatte wie Tausende anderer Menschen, die im Bankenviertel arbeiten, sein Büro verlassen müssen und war über viele Stufen nach unten ins Freie gelangt.
Dass die Erde in Mexiko gelegentlich kräftig bebt, daran haben sich die meisten Menschen in dem mittelamerikanischen Land gewöhnt. Doch der Erreger der Schweinegrippe, die in Mexiko nach jüngsten Zahlen der Regierung bisher 149Menschen das Leben gekostet hat, ist nicht zu spüren. Viele Menschen gehen dennoch nur noch mit Mundschutz vor dem Gesicht vor die Tür.
Denn die Epidemie ist bisher längst nicht eingegrenzt. Bis Montag galten die Maßnahmen gegen die Ausweitung nur für das Hochtal von Mexiko mit seinen gut 20 Millionen Menschen. Gesundheitsminister José Àngel Córdova kündigte an, dass nun auch Kindergärten, Schulen und Universitäten im ganzen Land geschlossen werden: "Wir müssen anerkennen, dass wir im schmerzlichsten Moment der Epidemie sind und dass die Anzahl der Fälle unglücklicherweise noch weiter steigen wird", sagte Córdova.
Schleichend werden Schutzmaßnahmen auch auf andere Bundesstaaten ausgedehnt, in denen Menschen an der Schweinegrippe erkrankt oder gestorben sind. In der Stadt Puebla etwa - rund 100 Kilometer östlich von Mexiko-Stadt - wurden ebenfalls alle Kulturveranstaltungen abgesagt. Mexiko-Stadt, eine der bevölkerungsreichsten Metropolen der Welt, ist in eine Art Tiefschlaf gefallen. Selbst die Lieblingsbeschäftigung der Mexikaner, der Besuch der großen Supermärkte, lockt die Menschen nicht aus ihren Wohnungen. Die riesigen Parkplätze vor den Einkaufszentren sind leer. In Kaufhäusern sind die Angestellten in der Mehrheit, und seit Sonntagabend sind in der gesamten Stadt fast alle Restaurants geschlossen.
Die Virus-Epidemie ist eine Bedrohung, die die Menschen nur aus den Geschichtsbüchern kennen. Kardinal Norberto Rivera rief die Gläubigen auf, zur Jungfrau Maria zu beten, "damit sie die Stadt und das Land von dieser Bedrohung befreit". Die Teilnehmer einer Prozession zogen mit einer Monstranz durch das historische Zentrum. Sie trugen den "Herrn der Gesundheit" vor sich her. Der "Señor de la Salud" hatte zuletzt 1691 die Kathedrale von Mexiko verlassen. Damals wurde Mexiko von der Schwarzen Pest heimgesucht.