Michael Hermann, der König des Rheingau-Festivals
Vor 25 Jahren erfüllte sich Michael Hermann den Traum vom Musikfest in Kirchen, Schlössern und Weingütern.
Oestrich-Winkel. „Andere liefern Autos. Wir liefern Musik“ — manchmal klopft Michael Herrmann Sprüche, die knallhart nach Geschäft klingen. Der Intendant des Rheingau-Musik-Festivals sieht auch aus wie ein Wirtschaftskapitän — weißhaarig, honorig, meist im blauen Anzug mit Collegekrawatte und Einstecktuch. Bestimmt hilft das bei der Sponsorenwerbung in der Frankfurter Wirtschaftselite.
Doch der Managerhabitus verdeckt nur eine unbändige Liebe zur Musik, und eine gradlinige Karriere hat Herrmann zeitlebens vermieden. Nur deshalb konnte im Rheingau ein Musikfest entstehen, das von kleinen Anfängen zu einem der größten in Deutschland geworden ist.
1987 erfüllte sich der gebürtige Wiesbadener erstmals den Traum von einem Musiksommer in Kirchen, Schlössern und Weingütern der Region. „Eine dicht verwobene Mischung aus Kunstsinn und Gesellschaftslust“ nannte jüngst die Schriftstellerin Eva Demski das Festival. „Kein Wunder, dass der Erfinder all dessen als heimlicher König der Region gilt.“
Fragt man Herrmann nach dem Ursprung seines Traums, erzählt der 68-Jährige mit leuchtenden Augen vom Casals-Festival in Prades in Südfrankreich vor fast fünf Jahrzehnten. Das Festival war ein Gesamtklang von Musik, Landschaft, Früchten und Wein. „Da habe ich mir gewünscht, so etwas auch in meiner Heimat zu gründen.“
Vor der Buchhandelslehre hatte Herrmann das Gymnasium abgebrochen — ein Glück, wie er sagt. So habe er sich alles selbst erarbeiten müssen. Aus dem erhofften Sängerberuf wurde trotz Gesangsunterricht und großer Liebe zur Musik nichts: „Die Stimme hätte höchstens gereicht für eine Karriere als Chorsänger.“
Stattdessen ging Herrmann 1972 nach Gran Canaria, baute und verwaltete Ferienhäuser und lernte darüber Musiker wie Christoph Eschenbach oder Leonard Bernstein kennen. Mit diesen Kontakten im Rücken stieg Herrmann in den 80er Jahren ins Musikmanagement ein und gründete schließlich sein Festival.
Der erste Musiksommer hinterließ mehrere hunderttausend Mark Schulden, doch unterstützt von Freunden in Wirtschaft und Politik machte Herrmann weiter. Anfangs fuhr der Intendant selbst Stühle im VW-Bus hin und her. Mittlerweile ist Herrmann Geschäftsführer einer GmbH mit zwölf Angestellten, hunderten Helfern im Sommer und einem Umsatz von etwa sieben Millionen Euro im Jahr.
Als Erfolgsgeheimnis des Musik-Festivals nennt Herrmann das Programm aus Klassik, Jazz und Kleinkunst, dazu den Rheingau mit seiner Weinkultur und der südlichen Lebensart. Auch die Nähe der Wirtschaftsmetropole Frankfurt ist wichtig — Sponsoren steuern knapp die Hälfte des Etats bei.