Mutmaßliche U-Bahn-Schläger schweigen vor Gericht
Berlin (dpa) - Vier Schüler sollen einen 30 Jahre alten Maler in einem U-Bahnhof in Berlin beinahe zu Tode geprügelt haben - am Donnerstag begann hinter verschlossenen Türen der Prozess wegen versuchten Mordes.
Die Angeklagten im Alter von 15 bis 18 Jahren verweigerten vor einer Jugendkammer des Landgerichts die Aussage. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, sie hätten das Verbrechen aus Hass auf Deutsche und Freude an der grundlosen Misshandlung Schwächerer begangen.
Zum Auftakt des nicht-öffentlichen Prozesses waren nur kurz Fotografen und Kamerateams zugelassen. Zwei der Angeklagten verdeckten ihr Gesicht. Die Schüler äußerten sich im Gericht nicht zur Anklage, sollen aber vor dem Prozess Vorwürfe eingeräumt haben. „Im Vorfeld waren alle im weitesten Sinne geständig“, sagte Verteidiger Dirk Lammer am Rande des Verfahrens. Ein Tötungsvorsatz werde aber nicht eingeräumt. Das Motiv Deutschenfeindlichkeit bezeichnete Lammer zudem als „nicht nachvollziehbar“.
Nach der Verlesung der Anklage wurde ein Video der Überwachungskamera aus dem U-Bahnhof gezeigt. Die Aufnahmen hatten die Polizei auf die Spur der vier Schüler geführt. Drei von ihnen sitzen seit Februar in Untersuchungshaft.
Am 11. Februar 2011 kurz vor Mitternacht war der 30 Jahre alte Maler mit einem Kollegen auf dem Heimweg. Im U-Bahnhof Lichtenberg soll das Quartett die Männer zunächst als „Scheiß Nazis“ beschimpft haben. Mit wuchtigen Tritten gegen Kopf und Körper wurde der Handwerker zu Boden gebracht. Ein Angeklagter sei auf seinen Oberkörper gesprungen. Der Maler rappelte sich auf und wurde erneut niedergeschlagen. Ein Fluchtversuch des Schwerverletzten scheiterte. Ein 17-jähriger Schüler soll das Opfer im Sprung von der Treppe mit voller Wucht getroffen haben. Die Täter sollen dann ein Handy und etwas Geld geraubt haben.
Notärzte retteten das Leben des 30-Jährigen, der schwerste Hirnverletzungen erlitt. Das Opfer, der Nebenkläger im Prozess ist, wird am kommenden Donnerstag als Zeuge erwartet. Sein Anwalt Christian Thomas wollte nicht sagen, wie es dem Handwerker gesundheitlich geht.
Auch der Begleiter des 30-Jährigen wurde verletzt. Der Mann konnte zunächst in Todesangst aus dem Bahnhof fliehen, wurde aber aufgespürt. Er erlitt zahlreiche Blutergüsse. Ein Passant zeigte Zivilcourage und trieb die Schläger in die Flucht.
Einem 18 Jahre alten Angeklagten werden weitere Gewalttaten vorgeworfen. Im Januar soll er einen Mann auf der Straße als Nazi beschimpft und misshandelt haben. Einen Monat später soll der Angeklagte einen Mann im U-Bahnhof Friedrichsfelde grundlos geschlagen haben.
Immer wieder kommt es im öffentlichen Nahverkehr in Berlin zu Gewaltattacken. Bei dem bisher schlimmsten Fall starb ein 23-Jähriger, als er auf der Flucht vor Schlägern von einem Auto erfasst wurde. Im September wurde ein 18-Jähriger nach einem Überfall auf einen Installateur im U-Bahnhof Friedrichstraße zu zwei Jahren und zehn Monaten Jugendstrafe verurteilt. Sein Opfer hatte schwere Kopfverletzungen erlitten.