Neue Sippe für die Lindenstraße

Die Stadlers führen etwas ganz Neues in der ARD-Dauerserie ein: eine glückliche Familie.

Köln. In der "Lindenstraße" wird eine Wohnung frei. Urszula, die Friseurmeisterin mit Migrationshintergrund und hartnäckigem polnischen Akzent, zieht mit ihrem Gefährten Christian und der intriganten Tochter nach Starnberg. Der Autohausbesitzer kann sich das leisten. Sowieso hat man nie ganz begriffen, wie es dieser smarte Typ im Kleinbürger-Mief der "Lindenstraße" ausgehalten hat.

Die Wohnung bleibt aber nicht lange leer. Denn am 7. September, in der 1188. Folge der zählebigsten aller deutschen TV-Serien, ziehen dort die Stadlers ein. Zu ihren besonderen Kennzeichen gehört, dass sie Münchner sind.

Von den Darstellern kommt nur Mama Stadler aus der Weißwurst-Metropole. Tanja Frehse ist auffallend hübsch und auffallend blond. Schon sieht man alle Lindenstraßen-Hengste, vom feurig blickenden Griechenwirt Vasily bis zum vielleicht bald wieder auftauchenden Stromer Olli, die Schöne berennen.

Aber sie liebt nur ihren Mann Jimi, gespielt vom Hamburger Christian Rudolf. Ihm wollte beim Casting keiner abnehmen, dass er nicht aus München stammt, so waschecht kam ihm der Dialekt über die Lippen. Und den wollte der aus Franken stammende "Lindenstraßen"-Vater Hans W. Geißendörfer unbedingt stärken, weil nur noch Ines Kling, die Frau des seit kurzem verschollenen Olaf, und Dr. Dresslers Gespielin Hannelore die Bayernfahne hochhalten.

Warum der Jimi aber Jimi heißt? Weil sein Papa Adi (nicht fragen, warum der Adolf getauft wurde) ein großer Fan von Jimi Hendrix war, damals um 1968, als Adi noch die Barrikaden stürmte (oder später vorgab, sie gestürmt zu haben). Ein linkes Urgestein also, das zu den in seinen Augen hoffnungslos spießigen Kindern zieht, um alle mit politischen Standpunkten zu versorgen.

Philipp Sonntag spielt Adi mit kleinem "Ekel Alfred"-Einschlag, der die Finger nicht von hübschen Frauen lassen kann. Schon geht das Gerücht, er würde Tanja, die gerade erst ihre Freundin geheiratet hat, auf Hetero-Pfade zurückführen. Aber das dementiert Geißendörfer entschieden. Den Alt-68er Jimi hätte er am liebsten selbst gespielt: "Das bin ja eigentlich ich."

Zwei halbflügge Töchter, Clara Dolny als Josefine, Cyntha Cosima als Caro, die eine mehr intellektuell, die andere mehr an Modeboutiquen interessiert und beide in permanenter Taschengeldnot, komplettieren die Sippe.

Die soll mal was ganz Neues in der "Lindenstraße" einführen: "Nach so vielen kaputten endlich mal eine heile Familie, denn so was gibt es auch", meint Gebhard Henke, WDR-Filmchef und einstiger "Lindenstraße"-Redakteur. Fragt sich nur: wie lange? Denn Glück allein füllt keine halbe Sende-Stunde, nicht einmal in der "Lindenstraße".

Schon sieht man den Beimer-Gefährten Schiller zur schönen Nachbarin hinüberäugen, Adi sich an die linke Gutmenschin Anna Beimer halten, Papa Jimi jedoch... Nein, der entdeckt sicher nicht seine Bi-Neigung, um bei Carsten Flöter dessen "Käthe" zu ersetzen.