Weniger essen, mehr Bewegung

Übergewicht: Die Deutschen sind zu dick. Ein Aktionsplan der Regierung soll jetzt den Pfunden zu Leibe rücken.

Berlin. Die Bundesregierung will dem Übergewicht der Bundesbürger zu Leibe rücken und Deutschland in Form bringen. Das Kabinett billigte gestern einen bundesweiten Aktionsplan für gesunde Ernährung und mehr Bewegung mit dem Titel "In Form".

Der Bund stellt dazu 30 Millionen Euro bis 2010 bereit. Mit Kampagnen in Schulen, Kindergärten, Kantinen, Sportvereinen und Seniorenheimen sollen die Bundesbürger besser aufgeklärt werden. "Wir setzen auf das Erlernen gesunder Lebensstile", sagte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Bis 2020 will die Bundesregierung "sichtbare Ergebnisse" erreichen.

"Wir wollen nicht diskriminieren", sagte Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU). Es gehe darum, den Menschen beim Essverhalten zu helfen. Verbote lehnt Seehofer ab. Mit der Wirtschaft soll über einen Verzicht auf Werbung gesprochen werden, die sich an Kinder unter zwölf Jahren richtet. Seehofer will sich für eine farbige Kennzeichnung von Lebensmitteln einsetzen, bei der der Anteil an Fett, Zucker, Salz, Kalorien und gesättigten Fettsäuren in Bezug zur empfohlenen Tagesration angegeben wird.

Die EU plant eine Kennzeichnungspflicht, Seehofer will mit der Wirtschaft aber über eine freiwillige nationale Regelung sprechen. Eine reine Ampel-Kennzeichnung, bei der Rot, Gelb und Grün die Nährwertanteile angeben, lehnt der Minister als zu einfach ab.

In Deutschland gelten zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen zwischen 18 und 80 als zu dick. Unter Kindern und Jugendlichen sind 15 Prozent übergewichtig oder fettleibig. Bis zu 70 Milliarden Euro - ein Drittel der Gesundheitskosten - würden durch falsche Ernährung und zu wenig Bewegung ausgelöst, sagte Seehofer. Pro Jahr erkranken etwa 210 Kinder und Jugendliche nach Angaben von Schmidt neu an der Zuckerkrankheit.

Bei jungen Mädchen zeigen sich außerdem zunehmend Essstörungen, bei Senioren Mangelernährung.

Grüne, Linke und Verbraucherverbände lehnten den Plan als unwirksam ab, weil alles auf der Ebene der Appelle bleibe. Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn sprach von Alibi-Maßnahmen. "Übergewichtige Kinder werden so nicht erreicht", sagte sie.

Höhn forderte ein Werbeverbot für Süßigkeiten im Fernsehen vor 20 Uhr. Die Linke-Verbraucherpolitikerin Karin Binder kritisierte, dass ein kostenloses Schulessen nicht geplant sei.