Neuer Duden: So spricht die Szene
Ein neues Nachschlagewerk für die Jugend- und Szenesprache verrät, was Fruppies oder Latte-Macchiato-Mamas sind.
Mannheim/Bonn. Reden ist Silber, szenisch reden ist Gold. Deshalb gibt es jetzt für alle, die ihren Wortschatz pimpen möchten, das "Neue Wörterbuch der Szenesprachen". Mit Hilfe der Firma Trendbüro hat die Duden-Redaktion ihr fast zehn Jahre altes Szene-Wörterbuch neu aufgelegt. Erstmals konnten Internetnutzer dazu Vorschläge machen.
"Aus den 4632 eingereichten Wörtern haben wir 1659 ausgewählt," sagt Duden-Sprecherin, Angelika Böhm. "Kriterium war, dass die Wörter tatsächlich verwendet und verbreitet sind. Sie durften aber nicht Allgemein-Sprache sein und schon in herkömmlichen Wörterbüchern stehen." Zudem seien zu sexistische, rassistische und ehrverletzende Begriffe rausgeflogen. Sonst sei alles erlaubt gewesen.
Wer "bitchig" drauf ist, hat sicher keine Lust auf Casual Sex
Wenn man also hört, dass ein Mof (Mensch ohne Freunde) mal wieder gepsycht (psychisch gestresst) vom Pärchenterror eines Fruppies (frustrierten Großstädters) ist, hilft der Szene-Duden sicher aus der Sprach-Patsche. Das gilt wohl auch bei einer Fashionista (extrem modebewusste Frau).
Und wenn im Social Life (Sozial-Leben) demnächst jemand bitcht (zickig ist), ist das sicher kein Hinweis darauf, dass er gleich ein bisschen Casual Sex (zwanglosen Sex unter guten Bekannten) haben möchte. Auch für den, der permanent online ist und gegen den Chatlag (Überforderung beim Chatten) ein bisschen ego-googelt (sich selbst bei Google sucht) hat der Szene-Duden etwas zum Lolen (freuen).
Und wohl jeder kennt diese Crackberrys, also Menschen, die ständig erreichbar sein müssen. Sie würden zu einer Latte-Macchiato-Mama (trendigen Mutter) passen. Die könnten dann auch nett zusammen dönieren (nachts Döner essen).
Mit dem neuen Szene-Wörterbuch ist es allerdings ein wenig wie mit einem neuen Computer. Sobald man ihn zu Hause benutzt, ist er auch schon veraltet. Eine Stichprobe unter 14-Jährigen ergab: Sie kannten keines der Szene-Worte.
"Inzwischen ist es so, dass der Gebrauch solcher Wörter absolut nicht mehr auf eine soziale Herkunft schließen lässt", sagt der Bonner Sprachforscher Georg Cornelissen. "Es werden aber wohl nur wenige Worte prägend für die deutsche Sprache werden." Selbst wenn adden künftig das deutsche hinzufügen verdränge, sei das für Cornelissen "nicht tragisch."
In jedem Fall macht das Wörterbuch Spaß. Und es regt die Fantasie an, neue Wörter zu kreieren: Cyber-Kappes zum Beispiel wäre doch ein hübscher Ausdruck für den Unsinn, auf den man täglich im Internet stößt. Doch das Wort hat keinen Eintrag bekommen. Für den Egoboost (sich-toll-Fühlen) reicht diese Wortschöpfung also nicht.
Vielleicht wäre es was für den Katzenblog (ungelesenes Online-Tagebuch) des Mingels (jemand, der trotz Partner allein lebt).