NRW: Jedes Jahr 20 Millionen für Bombenentschärfungen
In Viersen wurde unlängst ein Blindgänger gefunden und gesprengt. Seitdem ist man in der Kreisstadt besonders vorsichtig.
Euskirchen/Viersen. Wenn wie jüngst in Euskirchen Kriegsmunition explodiert, dann sind im niederrheinischen Viersen die Erinnerungen wieder wach. „Den Tag werden wir alle hier nie vergessen“, sagt Frank Kersbaum, Chef der örtlichen Feuerwehr.
Er leitete den Großeinsatz in jener „Viersener Bombennacht“ des 17. September 2012. Nachdem ein Baggerfahrer auf einer Baustelle mitten in der Kreisstadt auf eine Fünf-Zentner-Bombe gestoßen war, mussten für deren kontrollierte Sprengung in kürzester Zeit 4000 Menschen evakuiert werden.
„Das hätte zu einem Albtraum werden können“, sagt Kersbaum — nicht zuletzt mit Blick auf den tückischen Säurezünder des Bombenfunds. Aber die Viersener hatten Glück: „Es ist keinem Menschen auch nur ein Haar gekrümmt worden.“ Für die entstandenen Schäden an den angrenzenden Häusern in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro kamen die Gebäudeversicherungen auf, und zwar „zügig und großzügig“.
Die Viersener agieren seitdem noch vorsichtiger, wenn es um mögliche Gefahren geht, die ihr Boden aus Kriegszeiten birgt. Im Zusammenhang mit Bauprojekten veranlassten sie in den vergangenen zwölf Monaten allein drei große Untersuchungen. „Zu 99,9 Prozent ist das Ergebnis dabei negativ“, sagt Kersbaum, „aber wir sind hier eben sprichwörtlich ein gebranntes Kind.“
Grundsätzlich sind die Kommunen dazu verpflichtet, vor Baumaßnahmen die entsprechenden Flächen untersuchen zu lassen. „Sie stellen eine Anfrage beim Kampfmittelräumdienst der zuständigen Bezirksregierungen“, erläutert der Sprecher des NRW-Innenministeriums, Jörg Rademacher. Aber auch ein privater Grundstückseigentümer könne den Auftrag erteilen.
Die Experten verfügen über mehr als 230 000 digitalisierte Luftbilder der alliierten Streitkräfte aus den Kriegsjahren. Mit deren Hilfe können sie feststellen, wo mögliche Blindgänger schlummern: Die haben im Vergleich zu detonierten Bomben deutlich kleinere Krater hinterlassen. „Besteht ein Verdacht, werden die Grundstücke mit Detektoren nach Eisenteilen abgesucht“, sagt ein Sprecher der Bezirksregierung Düsseldorf. Wenn nötig, werde über elektronische Sonden in Bohrlöchern weitergesucht oder sogar aufgegraben.
Jährlich gibt es etwa 7000 Anfragen bei den Bezirksregierungen des Landes. „Es werden im Jahr zwischen 700 und 750 Bomben gefunden“, so der Sprecher. Die Kosten für die Auswertung der Bilder und die Entschärfung möglicher Blindgänger übernimmt das Land. „Allein 2013 haben wir 20 Millionen Euro dafür ausgegeben“, sagt Rademacher.