Osteuropäische Räuberbande: Zwei „Soldaten“ vor Gericht
Justiz: Die Täter wurden von Hintermännern mit Bier, Pizza und Videospielen bei Laune gehalten.
Essen/Wuppertal/Remscheid. Bandenintern hießen die jungen Weißrussen, Kasachen und Ukrainer nur "Soldaten". Ihr Auftrag: Banküberfälle in Deutschland. Zwölf Mal schlugen die Räuber aus dem Osten im vergangenen Jahr zu. Die Tatorte: Sparkassen-Filialen in ganz NRW. Die Beute: mehrere 10000Euro. Zwei mutmaßliche Mitglieder der weißrussischen Räuberbande stehen jetzt vor dem Landgericht Essen.
Das Verfahren gewährt Einblicke ins Innenleben einer Bande, deren Strippenzieher trotz mehrerer Verhaftungen immer noch im Osten vermutet werden. Die Masche ist hochkriminell. Ausgestattet mit falschen Papieren sickerten die "Soldaten" über die grüne Grenze nach Deutschland ein, fuhren per Bahn nach Essen, wo sie in Empfang genommen wurden.
Von dort ging es in ein zehnstöckiges Hochhaus in Bottrop - der "Kaserne", wie ein Ermittler sagt. Mit Bier, Pizza, Fernsehen und Spiel-Konsolen wurden die "Soldaten" dort bei Laune gehalten. Ihr Appartement durften sie nur selten verlassen. Einer der Angeklagten (21) vor Gericht: "Ich wusste nie, wo ich war."
Eigentlich kamen die jungen Männer nur bei Überfällen vor die Tür. Zuvor wurden ungeladene Gaspistolen und Kleidung ausgegeben. In der jeweiligen Sparkasse stellten sich die jeweiligen Räuber-Duos - die Besetzung wurde monatlich gewechselt - wie Kunden an der Kasse an. Waren sie an der Reihe, zeigten sie ihre Pistole oder einen Zettel: "Das ist ein Überfall." Fotos aus den Überwachungskameras zeigen lange Schlangen mit Rentnern, Frauen und Kindern, die direkt hinter den Tätern stehen.
Auf eine Maskierung legten die "Soldaten" keinen großen Wert. Man habe ihnen gesagt, eine Kappe oder eine Mütze reiche aus. Nur den Kopf sollten sie gesenkt halten - wegen der Kameras. Nach den Überfällen ging’s per Taxi zu einem Treffpunkt in Bottrop, von dort wieder in die "Kaserne" und nach ein paar Wochen zurück in die Heimat. Einer der jetzt Angeklagten(26) soll zwischen dem Überfall in Wuppertal (22. Mai 2009) und dem in Remscheid (17.November 2009) daheim geheiratet haben.
Und das Geld? Regelmäßig sei ein Kurier aus Weißrussland in Bottrop erschienen und habe die Beute in die Heimat gebracht, sagte gestern ein bereits verurteiltes Banden-Mitglied. Der Mann hat Kronzeugen-Status, steht - auch während seiner aktuellen Haft - unter Polizeischutz. Die beiden Angeklagten landeten nach dem Überfall in Remscheid vor Gericht. Im Prozess haben sie gestanden. Kein Wunder: Als die Polizei sie nach der Tat aus einem Taxi holte, hatten sie das qualmende Sicherheitspaket der Sparkasse Remscheid noch bei sich.