Porträt: „Selbstmitleid ist nicht mein Ding“
Erstmals seit seinem tragischen Unfall bei „Wetten dass. . ?“ hat Samuel Koch vor Kameras ein Interview gegeben.
Düsseldorf. Das Gesicht hat sich verändert: Er trägt einen blonden Bart. Sommersprossen und eine leichte Röte lassen vermuten, dass Samuel Koch (23) gelegentlich draußen die malerische Landschaft rund um die Reha-Klinik im schweizerischen Nottwil genießt. Vor dieser Kulisse spricht er erstmals vor Kameras seit er im Dezember vergangenen Jahres bei „Wetten dass. . ?“ stürzte und seitdem querschnittsgelähmt ist. ZDF-Journalist Peter Hahne (58) besuchte Samuel Koch in der Reha, am Sonntag wurde das Interview ausgestrahlt.
Unverändert ist das beinahe schelmische Lächeln, das Koch während des Gesprächs die meiste Zeit auf den Lippen hat. Die Lähmung erschwert ihm das Atmen, er spricht etwas angestrengt, eine Manschette stabilisiert seinen Hals, aber: „Ich atme“, antwortet Koch auf die Frage Hahnes, ob er als bekennender Christ daran glaubt, bei dem Unfall in Gottes Hand gewesen zu sein. „Patienten mit ähnlicher Lähmungshöhe sind an Beatmungsgeräte angeschlossen. Es hätte schlimmer kommen können.“
Tatsächlich strahlt der ehemalige Stuntman und Turner, für den bis zum tragischen Unfall Bewegung und Sport das Wichtigste waren, Optimismus aus, und immer wieder zeigt er seine humorvolle Seite. Wenn er mit einem Lächeln sagt, dass er gerne wieder eine Sprossenwand hochklettern — oder eben einfach eine Fliege von der Nase wedeln würde.
Samuel Koch erzählt von seinen Fortschritten. Ab und zu könne er die Arme bewegen, in den Fingern fehle ihm noch das Gefühl. „Der Heilungsverlauf hat nie stagniert.“ Vor allem Geduld musste der junge Mann lernen. Es sei nicht einfach, als immer auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein, und er erkenne sich selbst noch nicht wieder. Aber Selbstmitleid sei nicht sein Ding.
Kraft schöpfe er aus der großen Anteilnahme, aufmunternden Briefen und seiner Familie. „Am Pfingstmontag hat mein Bruder bemerkt, wie sich mein kleiner Zeh bewegte. Die ganze Familie tanzte um mein Bett, ein Riesenfest“, erzählt er.
Ob er an Wunder glaubt, will Moderator Hahne von ihm wissen und er entgegnet: „Über Wunder spricht man nicht, da hofft man drauf.“ Und Samuel Koch hat die Hoffnung nicht aufgegeben, er sei niemand der aufgibt und arbeite darauf hin, wieder laufen zu können. „Erzwingen kann ich’s nicht.“
Ob er den Stunt nochmals machen würde?: „Ja, unter den gleichen Voraussetzungen ja. Jeder Skiurlaub war riskanter als das Autogehüpfe“, antwortet Koch nach kurzem Überlegen. Es täte ihm aber Leid, dass viele Kinder den Unfall gesehen und geweint hätten. „Es ist mir unangenehm, dass ich die Show kaputt gemacht habe.“