Rapperin Lady Bitch Ray ist zurück
Bremen (dpa) - Es war klar, dass der Name provozieren muss. „Bitchsm“ hat die Rapperin Lady Bitch Ray ihr erstes Buch genannt - und sich den Titel gleich als Marke schützen lassen.
Ein „Lifestyle-Guide für selbstbewusste Frauen oder diejenigen, die es werden wollen“ soll es sein und ab Mittwoch in den Regalen stehen. Und zwar bei den Sachbüchern, wie die 31-Jährige betont. Wer möchte, bekommt darin erklärt, was Cunnilinguistik ist, wie Penis-Pilates funktioniert oder wie man sich als „Kanacken-Bitch“ von Eltern und kulturellen Konflikten unabhängig macht.
Provokation ist Lady Bitch Rays Ding. Das beweisen ihre Rap-Texte, die den harten Jungs wie Sido in Sachen Genital-Sprache in nichts nachstehen. Das beweisen ihre skandalträchtigen Auftritte bei „Schmidt und Pocher“ (als Gastgeschenk überreichte sie Moderator Oliver Pocher intime Körperflüssigkeit) und bei „Maischberger“. Wenig überraschend, dass eine wie Lady Bitch Ray den Zorn Alice Schwarzers auf sich zog.
Die 470 Seiten mit knallpinkem Einband sollen Lady Bitch Ray zurück in die Öffentlichkeit bringen, von der sie sich 2008 weitgehend verabschiedet hatte. Auf einen Zusammenbruch folgte damals eine schwere Depression. „Ich war bestimmt zwei Jahre überhaupt nicht bei mir, ich hab mich nur gequält, zum Psychiater und zur Therapeutin geschleppt“, erzählt die Frau mit den Strass-Ohrringen und den pinken Fingernägeln und ist in diesem Moment ganz Reyhan Sahin - so lautet der bürgerliche Name hinter der Kunstfigur.
Nun scheint die Krise überstanden, Lady Bitch Ray ist zurück - und zwar als „Dr. Bitch Ray“, wie die silberne Halskette stolz verkündet. Die Deutsch-Türkin hat im Februar ihre Promotion in Linguistik abgeschlossen. „Ich bin ein Mensch, der muss denken. Wenn ich nicht denken kann, wird mir ganz schnell langweilig“, sagt sie, und man glaubt es ihr. Auch wenn sie einen rosafarbenen Plüsch-Penis vor sich auf den Tisch stellt, „damit es nicht so langweilig ist.“
Hauptberuflich ist Reyhan Sahin Wissenschaftlerin, sie arbeitet an einer Studie zur Mediennutzung muslimischer Kopftuch-Trägerinnen. Daneben sieht sie sich als Konzeptkünstlerin und Vorbild für Frauen jeden Alters - und als Feministin. Lady Bitch Ray wird ernst, fast missionarisch, wenn sie über Frauen spricht: „Es wird gesellschaftlich stillschweigend akzeptiert, dass Frauen sich unterordnen, patriarchische Strukturen mitmachen und Dinge nicht hinterfragen. Das Frauenbild kotzt mich an.“
Dagegen will sie kämpfen, ein Vorbild sein für selbstbewusste Frauen mit selbstbestimmter Sexualität. Vieles, was sie in „Bitchsm“ über Machtstrukturen in der Gesellschaft schreibt, leuchtet ein - dass die Bremerin dabei in jedem zweiten Satz Geschlechtsteile nennt, sichert ihr wenigstens die Aufmerksamkeit der Medien.
„Bitchsm“ könnte sich gut verkaufen, glaubt Buchmarkt-Experte Holger Ehling. „Wir haben nicht erst seit diesem Jahr das Phänomen, dass Bücher, die in irgendeiner Form zu tun haben mit den Lebensgeschichten von A- bis Z-Promis eine gewisse Popularität erlangen“, sagt der ehemalige Sprecher der Frankfurter Buchmesse, wo „Bitchsm“ am Mittwoch vorgestellt werden soll. Auch mit dem Fokus aufs Sexuelle liegt Sahin wohl richtig. Wie gut Tabubruch kommerziell funktioniert, zeigen die Verkaufszahlen des Erotik-Bestsellers „Fifty Shades of Grey“.