Reich-Ranicki-Film: Mit Liebe und Leidenschaft
Ab der kommenden Woche steht Matthias Schweighöfer als junger Marcel Reich-Ranicki in NRW vor der Kamera.
Köln. Einmischen will er sich nicht, aber aus seiner Skepsis macht er keinen Hehl: Mit großer Spannung sieht Deutschlands bekanntester Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki der Verfilmung seiner Autobiografie entgegen.
"Ich hoffe, dass alles sehr gut gehen wird. Ich fürchte, dass irgendetwas schief gehen könnte. Beides ist, glaube ich, berechtigt: Die Hoffnung und die Furcht", sagte der 88-Jährige am Mittwochabend in Köln.
Am 3. Juli beginnen in Nordrhein-Westfalen unter der Regie von Dror Zahavi die Dreharbeiten für den ARD-Fernsehfilm.
1999 erschien Reich-Ranickis Autobiografie "Mein Leben", die bis heute mehr als 1,2 Millionen Mal verkauft wurde. Sie schildert ein exemplarisches jüdisches Schicksal, handelt von Demütigung und Todesangst, aber auch von Liebe und der Leidenschaft für die Literatur.
Der 90-minütige Film beschränkt sich auf einen Ausschnitt der Autobiografie und zeigt Reich-Ranickis Leben im Alter von 8 bis 38 Jahren: Die Schulzeit in Berlin, die Ausweisung nach Polen, den harten Alltag im Warschauer Ghetto, wo er seine Ehefrau Teofila kennenlernt; die Flucht des Paares aus dem Ghetto und das Überleben im Untergrund. Reich-Ranickis Eltern werden von den Nazis ermordet.
Die Hauptrolle spielt Matthias Schweighöfer ("Der Rote Baron"), Reich-Ranickis Ehefrau wird von Katharina Schüttler dargestellt. Schweighöfer, 1981 geboren, nennt die Rolle "das Herausforderndste, was ich bislang als Schauspieler gemacht habe": "Es geht ja um das Leben in einer Zeit, die ich selbst gar nicht kenne."
Regisseur Zahavi ("Die Luftbrücke") will "einen spannenden, emotionalen Spielfilm" machen. Doch neben der Schilderung des Alltags steht für den in Tel Aviv geborenen Filmemacher bei seinem Projekt vor allem eines im Vordergrund: die hohe Bedeutung der Literatur für den Protagonisten.
"Ich habe mich die ganze Zeit mit der Problematik beschäftigt: Wie visualisiert man Literatur?" Reich-Ranicki seinerseits kann sich bei dieser Aussage eine Mahnung an den Filmemacher doch nicht verkneifen:
Wenn die Literatur-Thematik zu sehr im Vordergrund stünde, würde ein Großteil der Zuschauer dies nicht begreifen. "Machen Sie keinen Film am Publikum vorbei!"
Reich-Ranickis größtes Anliegen ist es nach eigenen Worten, "dass das Publikum versteht, was damals geschehen ist". Dabei komme es ihm nicht darauf an, dass sein Buch möglichst genau wiedergegeben werde.
"Wenn der Film fertig ist, werde ich mir die Frage stellen: Ist es ein interessanter, guter, sehenswerter Film? Aber ich werde nicht fragen: Entspricht er den Kapiteln meines Buches?"
Der "Literaturpapst" selbst hatte ungeduldig auf den Beginn der Dreharbeiten gewartet und in der Vergangenheit seinen Unmut über die Dauer der Vorbereitungen geäußert.
Gedreht wird in den nächsten Monaten unter anderem in Köln, Essen und Krefeld sowie in Breslau. 1,1 Millionen Euro des Gesamtbudgets in Höhe von etwa 5,3 Millionen Euro kommen von der Filmstiftung NRW. Voraussichtlicher Sendetermin ist der 15. April2009.