Schleier-Knöllchen befeuert Burka-Streit
Eine Muslima muss 22 Euro zahlen, weil sie mit einer Art Burka am Lenkrad saß. Der Fall liefert der Regierung Munition.
Paris. Die Nation debattiert seit Tagen erhitzt über die Rechtmäßigkeit des geplanten Gesetzes gegen eine Vollverschleierung muslimischer Frauen, da sorgt ein ungewöhnlicher Vorfall in der französischen Provinz für Schlagzeilen: In Nantes verpasste die Polizei kürzlich einer jungen Muslima einen 22-Euro-Strafzettel, weil sie verschleiert am Steuer ihres Wagens saß.
"Wegen Fahrens unter eingeschränkten Bedingungen" lautete die Begründung der Ordnungshüter. Die 31 Jahre alte Französin trägt seit neun Jahren einen sogenannten Niqab. Dieser Ganzkörperschleier ist vergleichbar mit der besonders in Afghanistan verbreiteten Burka. Der einzige Unterschied: Der winzige Sehschlitz ist nicht vergittert.
Der Vorfall ereignete sich bereits Anfang April. Als zwei Beamte einer Kradstreife die Ausweispapiere der Frau verlangten, sei sie gleichzeitig gezwungen worden, den Kopf zu enthüllen. Schließlich kündigten die Polizisten an, ihr einen Strafzettel verpassen zu wollen. "Das ist schlichtweg eine Diskriminierung", habe sie daraufhin empört erwidert.
Die Behördenleitung hingegen hat am Vorgehen der Streifenpolizisten nichts auszusetzen. "Der Beamte hat seine Arbeit getan", bekräftigt die Départements-Direktion für Öffentliche Sicherheit. Und fügt hinzu: "Er kam zu dem Ergebnis, dass ein Sicherheitsrisiko bestand."
Als sich die Frau nun vor laufenden Kameras über den Fall beschwerte, ließ die Regierung in Paris eine kleine Bombe platzen. Als wenn es nur darauf gewartet hatte, enthüllte das Innenministerium kompromittierende Details aus dem Familienleben der zum Islam konvertierten Französin.
Ihr Mann soll insgesamt vier Frauen haben und Mitglied der radikalen Tablighi-Jamaat-Bewegung sein. Seine Partnerinnen werden zudem verdächtigt, unrechtmäßig Unterstützung für Alleinerziehende und andere Sozialleistungen zu kassieren. Dem aus Algerien stammenden Mann mit zwölf Kindern solle wenn möglich der französische Pass entzogen werden, forderte Innenminister Brice Hortefeux.
Für die Regierung in Paris kommt der Fall zum bestmöglichen Zeitpunkt. Laut Umfrageergebnissen ist derzeit nur noch jeder Dritte Franzose für ein Komplettverbot der Ganzkörperschleier. Alle andere wollen, dass Frauen lediglich in öffentlichen Einrichtungen ihr Gesicht zeigen müssen - oder gar nicht eingeschränkt werden. Kritiker fürchten, dass von ihren Männern in den Schleier gezwungene Frauen künftig zu lebenslangem Hausarrest verdammt sein könnten. Auch vor Rache von Extremisten wird gewarnt.