Mysteriöses US-Raumschiff auf Jungfernflug
Spekulationen: Luftwaffe und Nasa lassen viele Fragen zum unbemannten „Space Plane“ offen. Verschwörungstheorien schießen ins Kraut.
Washington. Vor wenigen Monaten schien das amerikanische Raumfahrtprogramm vor einer düsteren Zukunft zu stehen. Nun aber wurden binnen kurzer Zeit gleich zwei wegweisende Megaprojekte gestartet: Nachdem Präsident Barack Obama vor einer Woche hochtrabende Pläne für bemannte Mars-Missionen bekannt gegeben hatte, schickte die US-Luftwaffe Air Force am Freitag das geheimnisumwobene "Space Plane" (Weltraum-Flugzeug) ins All. Der nur 8,80 mal 4,60 Meter kleine, wiederverwendbare Roboter-Flieger soll bis zu neun Monate lang den Erdball umkreisen.
Gut zehn Jahre lang wurde in aller Stille an dem sogenannten Orbital Test Vehicle (OTV), das an Bord einer Trägerrakete vom Typ AtlasV zu seiner Jungfernreise ins All befördert wurde, getüftelt. Mit Solarplatten und Batterien ausgestattet, erzeugt das "Space Plane", das ähnlich wie ein Space Shuttle optisch an einen Zwitter aus Raumfähre und Flugzeug erinnert, genug Energie, um bis zu 270 Tage im Einsatz zu bleiben. Beim ersten Flug, so viel ist die Air Force bereit zu erzählen, geht es vor allem darum, die technische Ausrüstung zu testen.
Darüber hinaus aber hüllen sich alle Beteiligten - Air Force, Boeing und Nasa - hartnäckig in Schweigen. Zu dem mysteriösen Charakter des Projekts trug unter anderem bei, dass die Rakete vom militärischen Teil des Weltraumbahnhofs Cape Canaveral abhob. Einige Beobachter glauben, es handele sich im Grunde um ein Spionageflugzeug, das in einer niedrigen Umlaufbahn im Kampf gegen den Terrorismus eingesetzt werden soll, beispielsweise zum Ausspähen von Ausbildungslagern. Andere mutmaßen, das "Space Plane" solle einmal als Weltraumwaffe dienen. Schließlich ist das Projekt langfristig angelegt. Ein zweites OTV hat die Air Force bei Boeing bereits in Auftrag gegeben.
Auch zu diesen Verschwörungstheorien schweigen die Beteiligten. Gary Payton, für Raumfahrt-Projekte zuständiger Staatssekretär bei der Luftwaffe, wollte stattdessen über die technischen Neuerungen sprechen, die das "Space Plane" von früheren Generationen von Raumschiffen abhebt. Unter anderem verfügt der Orbiter über einen vollautomatischen Landemechanismus.
Nach Verlassen der Flughöhe kann die Fähre ohne Steuerung durch die Bodenkontrolle das Landemanöver durchführen. Aufsetzen soll sie am Militär-Stützpunkt Vandenberg in Kalifornien. Aber wann? Auch das wollte Payton nicht sagen - irgendwann zwischen diesem Wochenende und Ende Januar nächsten Jahres.