Second Life: Kratzer an der virtuellen Glitzer-Wunderwelt

Vor einem Jahr war die „neue Welt“ im Netz in aller Munde. Nach ersten Skandalen und technischen Fehlern hat das Interesse daran stark nachgelassen.

Hamburg. Erst bestaunt und bejubelt, dann verrissen und mittlerweile fast vergessen: Second Life hat eine erstaunliche Medienkarriere hinter sich. Vor einem Jahr erreichte der Rummel um die virtuelle Welt den Höhepunkt. Heute ist klar: Das "zweite Leben" ist noch nicht das Pixelparadies, bietet aber einen Ausblick darauf, wie das Internet in einigen Jahren aussehen könnte - mit allen Chancen, aber auch Gefahren.

Second Life ist eine dreidimensionale Welt - bunt, detailgetreu und von den Nutzern selbst gestaltet. Um mit dem eigenen Doppelgänger (Avatar) dabei zu sein, braucht man nicht mehr als einen schnellen Internetanschluss, einen Computer und die kostenlose Software. Wer Grundstücke oder Kleidung kaufen will, muss allerdings echtes Geld gegen virtuelle Dollar tauschen.

Seit 2003 online, rückte die Plattform Anfang 2007 in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Fast täglich erschienen Berichte: über die erste virtuelle Stadt, das erste virtuelle Konzert, die erste Zeitung und das erste Unternehmen in der 3D-Welt, über Rollenspiele und Cybersex. Befeuert vom Medienhype schoss die Nutzerzahl in die Höhe: von einer Million im November 2006 auf über fünf Millionen im Juni 2007.

Doch die mediale Begeisterung kühlte sich ab. Zum einen meldeten sich viele Neugierige an, nutzten ihren Avatar aber nie wieder. Dazu trugen nicht zuletzt häufige Programmabstürze und die ruckelige Grafik bei. Heute nutzen "nur" rund 500000 Menschen Second Life regelmäßig.

Zum anderen wurde klar, dass sich die Parallelwelt mit realen Kriminellen plagen muss. Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelte wegen der Verbreitung von Kinderpornografie, Firmen verklagten Nutzer wegen Fälschungen von Markenprodukten.

Anfang Second Life steht nach Aussage des Gründers Philip Rosedale "immer noch am Anfang". Trotz des Wirbels im vergangenen Jahr sei die Betreiberfirma Linden Lab mit 250 Mitarbeitern vergleichsweise klein - daher habe man Schwierigkeiten gehabt, den rasanten Anstieg der Nutzerzahlen zu verkraften.

Schwächen Rosedale räumte ein, dass sein Unternehmen technische Probleme beheben muss. Es gehe darum, die Zahl der Abstürze zu verringern und die Grafik zu verbessern.

Perspektiven Firmen veranstalten in Second Life schon heute Meetings und einige Unis bieten in der virtuellen Welt ganz reale Vorlesungen an.