Shantel: Der Pop-König des Ostens

Porträt: Der griechischstämmige Shantel lebt in Frankfurt. Seinen größten bisherigen Erfolg feierte er aber in der Türkei.

Frankfurt. Wenn Shantel gefragt wird, welche Vorbilder er als Musiker hatte, fällt dem Frankfurter zuerst die eigene Großmutter ein. "Sie hat uns immer von der Bukowina (Teile der Ukraine und Rumäniens; d. Red.) erzählt. Auch davon, wie harmonisch dort Menschen verschiedener Religionen und Kulturen zusammengelebt haben", erinnert sich der in Deutschland geborene Künstler.

Da er mehr über das Land seiner Vorfahren erfahren möchte, reist der 39-Jährige 2001 in die Bukowina, in der der Vielvölkerstaat längst auseinander gebrochen ist. Doch bei Shantel regt sich der Wunsch, die Club- und Rock’n’Roll-Szene, mit der er aufgewachsen ist, mit der osteuropäischen Kultur zu verbinden, um so mit dem Balkan-Pop ein neues Genre zu schaffen.

"Die westliche Rock- und Popmusik steckt in einer Krise, bei der sich die Künstler nur noch mit ihren Neurosen beschäftigen. Aus London und New York kommt längst nichts Neues mehr. Dagegen passiert im Osten Europas kulturell unglaublich viel."

Dabei stieß sein Konzept, moderne elektronische Musik mit den traditionellen Klängen des Balkans zu verbinden, anfangs auf große Skepsis: "Die meisten sahen das als ein Hirngespinst an, das nie funktionieren kann", sagt der Musiker. Doch in Deutschland hat er inzwischen genauso seine Fanbasis wie in Frankreich, Israel oder in der Türkei. Dort erobert er mit der aktuellen CD "Disko Partizani" als erster deutscher Künstler die Nummer eins der Album-Charts.

"Gerade die Menschen in der Metropole Istanbul sind sehr offen für neue kulturelle Einflüsse. Die sind viel europäischer als in irgendwelchen nordenglischen Städten wie Newcastle." Dabei enthalten die Stücke auf Shantels neuestem Werk durchaus Sprengstoff. Wie ein Song, in dem sich Türkisch und Griechisch miteinander vermischen. "Ich war mir durchaus bewusst, dass das ein heißes Eisen ist, alleine schon deshalb, weil ein Teil meiner Familie aus Griechenland stammt. Deshalb habe ich mich über die positiven Reaktionen aus beiden Ländern umso mehr gefreut", sagt der Musiker, der auch für Fatih Akins Film "Auf der anderen Seite" die Musik geschrieben hat.

Seine Inspirationen für die Songs findet Shantel in einer griechischen Autobahnraststätte, einem Caféhaus in Tel Aviv oder auf dem Rücksitz des Mercedes eines mazedonischen Gypsy-Königs. "Ich bin jemand, der schon immer viel gereist ist und der immer seinen Laptop und die Gitarre dabei hat. Und warum soll man die Abflughalle eines türkischen Flughafens nicht als kreative Herausforderung verstehen?"

Biografie Stefan Hantel, wie der Musikproduzent bürgerlich heißt, wurde 1968 in Mannheim geboren und lebt heute in Frankfurt.

Filme Bekannt wurde er auch durch seine Filmmusik, etwa für "Borat". Informationen im Internet unter